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Rückblick auf ein Jahr Corona: Die Finanzmärkte und der Tragödie letzter Teil

Wir widmen uns heute dem vierten und letzten Teil unserer Corona-Rückblick-Serie. Nachdem wir zuerst gesellschaftliche Implikationen beleuchteten und im Anschluss Politik und Wirtschaft behandelten, soll es nun natürlich noch um die Auswirkungen am Markt und im Portfolio gehen.

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Welche Rekorde wurden nicht alle gebrochen: der schnellste Börsencrash der Geschichte mit 39 % Verlust in nur 28 Tagen. Schlimmer als der Computer-Crash 1987. Schlimmer als die Hochphase die Finanzkrise („Kernschmelze des Finanzsystems„). Ein Ölpreis von minus 40 US-Dollar. Die höchste VIX-Volatilität auf Schlusskursbasis seit 1987. Zwei der zehn größten DAX-Tagesverluste aller Zeiten, darunter der neue Platz 2 der Rangliste. Den stärksten Wirtschaftseinbruch in Friedenszeiten seit mehr als 100 Jahren.

Vorbei. Die Punktestände sämtlicher wichtiger Indizes haben neue Allzeithochs erklommen. Wobei wir an dieser Stelle gerne erneut auf den Artikel von Gerd Kommer zum Begriffsinhalt und zur Bedeutung des Wortes „Allzeithoch“ verweisen. Wenn wir einen Satz noch öfter gehört haben, als den, dass wir jetzt „nur noch ein paar Wochen durchhalten“ müssen, dann ist das sicherlich der Satz, dass sich „die Aktienkurse von der Realwirtschaft entkoppelt“ haben.

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Eines der größeren Probleme, die wir in Deutschland ganz offenkundig haben, ist, dass solche Sätze regelmäßig unwidersprochen stehen bleiben dürfen. Dass auf der Empfängerseite offenbar die grundlegende Kompetenz fehlt, diese Sätze infrage zu stellen. Dabei drückt sich gerade in diesem einen Satz das fundamentale deutsche Missverständnis in Bezug auf Aktien aus. Zum einen wird der Begriff Aktie natürlich ganz unbekümmert entkoppelt vom zugehörigen Unternehmen verwendet, was dem Grunde nach schon falsch ist. Zwar wird oft von Wenigen immer wiederholt, dass Aktien untrennbar Anteilsscheine an Unternehmen sind, letztlich Unternehmensanteile. Diese Wenigen werden aber von der Masse nicht gehört. Unser Eindruck ist nicht, dass mit der Neuaktionärswelle eine Welle des Konsums von Qualitätsfinanzmedien (sofern man davon in Deutschland überhaupt sprechen kann) einherging. Unser Eindruck ist vielmehr, dass dem Alter der Neuaktionäre entsprechend die Trivialisierung und die Gamification der Aktienanlage an Einfluss gewonnen haben. 

So verwundert es auch nicht, dass es beim Verständnis von Aktien, ihrem Wert und ihren Preisen nur wenige Entwicklungen zum Positiven gibt. Der jederzeit unaufgeregte Andreas Beck hat gleich zu Beginn der Krise auf dem Youtube-Kanal von Mission Money darauf hingewiesen, dass es in keiner Weise verwunderlich ist, dass die Börse von der Krise wenig getroffen scheint. Man müsste ja nur mal die Weltbörsen der Größe nach absteigend daraufhin abklopfen, inwieweit die Unternehmen vom sogenannten „Lockdown“ betroffen sind. Ist Amazon von Einzelhandelsschließungen betroffen? Nein. Sind Apple oder Microsoft davon betroffen? Der Umsatz wird vor allem online gemacht. Sind Alphabet oder Facebook betroffen? Gerade nicht. Zusammen mit Netflix bilden diese Werte bereits ungefähr ein Viertel der gesamten Marktkapitalisierung der 500 größten US-Unternehmen ab. Kein einziger der sechs Werte war direkt von Corona-Maßnahmen im Sinne einer Schließung betroffen.

Daran schließt sich ja an: welcher Friseur ist börsennotiert? Welcher Italiener um die Ecke ist börsennotiert? Welcher unabhängige Buchladen in der Einkaufsstraße? Eben: niemand. Zwar gibt es diese Fälle: Hennes & Mauritz, der Inditex-Konzern mit Zara etc., Vapiano, die Tourismus- und Kreuzfahrtbranche. Dennoch sind sämtliche genannten Zweige in Summe nicht mehr wesentlich für die Entwicklung der Weltleitbörsen. 

Von einer Entkoppelung der Börsen von der Realwirtschaft kann also gar keine Rede sein. Denn es ist hier schon eine Anmaßung an sich, seinen persönlichen Eindruck der Innenstadtwirtschaft mit „der“ Realwirtschaft gleichzusetzen. Die Börsen spiegeln überwiegend genau die übergeordneten Trends wider, die schon vor der Corona-Krise bestanden haben: Umstieg von analogem Vertrieb auf Vertrieb über digitale Kanäle. Videokonferenzanbieter, Netzwerksicherheitsanbieter, Streaminganbieter. Online-Versandhandel. Die Industrie läuft stabil, auch, weil China wieder kaufen und liefern kann. Energieversorger, Fondsgesellschaften, Zahlungsdienstleister, Gesundheitskonzerne, Konsumgüterhersteller. Nirgends eine Spur von Betroffenheit durch Schließungsanordnungen. Es ist nun einmal das Kennzeichen dieser Krise, dass genau der nicht-börsennotierte Teil von ihr getroffen wird und der börsennotierte Teil überwiegend gerade nicht. Im Gegenteil profitieren gerade Digitalkonzerne und Konzerne, die sich von physischer Präsenz gerade unabhängig gemacht haben, in besonderem Maße.

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Eine Entkoppelung von der Realwirtschaft gibt es also nicht. Wer dennoch davon spricht, macht nur deutlich, dass auch völlige Ahnungslosigkeit seiner Meinungsstärke keinen Abbruch tut. So erleben wir Harald Lesch, der von der Abkopplung der Aktien von der Realwirtschaft spricht. Wir sehen Verwunderung im Editorial der EURO-Ausgabe 3/2021, warum die Kurse immer weiter steigen. Die Wirtschaftswoche versteigt sich gar zu der Behauptung, die Aufgabe der Börsen „besteht nicht wie ehedem darin, der Wirtschaft als ihr Seismograf über sich selbst Auskunft zu verleihen, sondern darin, dass das Geld sich in ihnen möglichst unbegrenzt vermehren kann. Die Börsen sind längst kein Markt der Märkte mehr, in denen die Wirtschaft sich selbst den Puls fühlt, sondern eine Geldmaschine, die darauf programmiert ist, alle Verbindungsreste zur schwach wachsenden Realwirtschaft zu kappen.“ Der Spiegel spricht vom „Börsen-Wahnwitz„.

Einhalt wurde dem journalistischen Wahnwitz dagegen in Ansätzen von Capital geboten. Und auch die NZZ klärt auf: „Von einer Entkoppelung von Börse und Realwirtschaft zu sprechen, ist intuitiv naheliegend, greift aber trotzdem zu kurz.“ Platow-Börse vom 21.04.2021 leitet mit der Feststellung ein, dass das derzeitige 18er-KGV für 2021 des DAX genau im 10-jährigen Schnitt liegt. Die Börse als ominöse Parallelwelt, als Parallelgesellschaft, die aus uns nicht nachvollziehbaren Gründen zu oft konstruiert wird, es gibt sie nicht. Eher regiert die Banalität des Normalen, was nur optisch und damit rein oberflächlich beeindruckend aussehen mag. 

Im Ergebnis wird regelmäßig nur die entsetzliche und unfassbare Kurzsichtigkeit der Deutschen in finanziellen Dingen einschließlich ihrer Finanzjournalisten sichtbar. Wie bereits erläutert, gibt es schon branchenbedingt überhaupt keine Veranlassung von einer „Entkoppelung“ zu sprechen. Denn eine der meistverkannten Tatsachen ist natürlich, dass an der Börse gerade die Zukunft gehandelt wird und nicht die Gegenwart. Und die Börse geht nun einmal nicht von 100 Jahre gesamtwirtschaftlichem „Lockdown“ aus. Auch wenn die deutsche Politik natürlich gefühlt cum grano salis in der Weise ihre Arbeit erledigt, dass es doch so kommen könnte. Wir fragen also entgegen der landläufigen Entkoppelungs-Hypothese: wann setzt die Regierung endlich mal wieder das Notwendige daran, dass es zu einer Wiederankoppelung der Realwirtschaft an die Börsenkurse kommt? Wann kommt das Gute-Wiederankopplungs-Gesetz? Wann kommt das Gute-Realwirtschafts-Börsenboom-Teilhabe-Gesetz?

Aber wie ist denn das eigentlich mit der Geschichte mit den Allzeithochs? Stimmt das überhaupt? Wenn einem doch alltäglich in der „Börse vor Acht“ neue DAX-Höchststände um die Ohren gehauen werden. Auch hier fehlt die notwendige Einschränkung, die im Ergebnis dazu führt, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleicht. Denn der DAX hat erst mit dem Überschreiten der 14.500-Punkte-Marke tatsächlich ein neues Rekordhoch erreicht. Hierfür muss man den Kursindex betrachten, in dem – wie international üblich – Dividenden nicht wiederangelegt werden. Während also der S&P 500, der Dow Jones, der Nasdaq 100 schon seit Jahren wie selbstverständlich neue Allzeithochs auf Kursbasis erreichen, ist ein Großteil der DAX-Allzeithochs auf die Wiederanlage der ausgeschütteten Dividenden zurückzuführen, die den DAX-Performanceindex mittlerweile jedes Jahr automatisch mehrere Hundert Punkte in die Höhe hieven. Denn erst am 10.03.2021 hat der DAX-Kursindex sein Allzeithoch aus dem März 2000 (!) überschreiten können. Alle Indexhöchststände seit März 2000 waren nur Nebelkerzen auf Basis wiederangelegter Dividenden. Kann man so machen … muss man aber nicht. Auf Kursbasis hat der DAX deshalb in den letzten 20 Jahren eine jährliche Rendite von 0,26 % abgeliefert. Dividenden – international unüblich – eingerechnet, legte er um 3,2 % p.a. zu. Den gigantischen Renditeunterschied zwischen Europa und den USA sieht man, wenn man den S&P 500 mit seinen 5,1 % p.a. – auf Kursbasis – danebenstellt. Und obwohl die Dot-Com-Blase eine Technologieblase war, stieg der Nasdaq 100 seit seinem Allzeithoch im März 2000 um 5,6 % p.a.  So sieht eine Demonstration an der Börse aus. Oder eine Deklassierung. 

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Bei einer Rendite zwischen 0 und 3 % können wir aber offen gesprochen keine Abkoppelung „der“ Finanzmärkte, jedenfalls nicht des DAX, von der Realwirtschaft erkennen. Dies sind natürlich auch noch Werte vor Abzug der Inflationsrate, sodass die Kursrendite tatsächlich mehr oder weniger negativ ist und von der Dividendenrendite geht ja bekanntlich auch noch ein Viertel Steuern ab. Im Ergebnis dürfte man mit deutschen Standardwerten sein Vermögen in den letzten zwanzig Jahren kaufkraftbereinigt bestenfalls erhalten haben. Jeder mit einem Anlageschwerpunkt auf den deutlich aktienfreundlicheren USA dürfte sich dagegen bestätigt fühlen. Hierzulande kommt dann eben obendrauf noch ein amtierender Finanzminister, der noch im Alter von rund 30 Jahren „die kapitalistische Ökonomie überwinden“ wollte und der vor weiteren Renditebelastungen für den insoweit ohnehin schon rückständigen deutschen Finanzmarkt nicht zurückschreckt. Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz, wer mit 30 noch Sozialist ist, der … Rest ist bekannt 😉

Aber es ist nicht nur Deutschland, das tatsächlich erst in allerjüngster Zeit wieder die nominalen Börsenstände des Jahres 2000 erreicht. In Italien und Frankreich liegt das Allzeithoch lt. EamS 15/2021, S. 14, weiter im Jahr 2000, in Spanien im Jahr 2007 und mit Griechenland brauchen wir wohl gar nicht erst anfangen. Mit den immer neuen – echten – Höchstständen vor allem aus den USA, wo die Wirtschaft tatsächlich auch besser läuft, aber dem insoweit hierzulande völlig fehlleitenden Punktestand des DAX wird in Deutschland also ein mediales Zerrbild der tatsächlichen Börsenlage transportiert. Tatsächlich lenken die vermeintlichen deutschen Allzeithochs aber vom eigentlichen Problem ab: der eklatanten wirtschaftlichen Schwäche Europas, bzw. vorrangig der europäischen Währungsgemeinschaft, dies vor allem im Vergleich zu den USA, perspektivisch aber auch im Vergleich mit China.

Nun ist nicht alles, was hinkt, gleich ein Vergleich. Dieser aber hinkt durchaus und ist dennoch ein Vergleich. Denn die USA leiten ihre wirtschaftliche Stärke auch vom Status des US-Dollars als Weltleitwährung ab. Die USA können – Stand heute – jedenfalls theoretisch mehr oder weniger unbegrenzt Dollars drucken, ohne dass dies die Stärke der Währung wesentlich negativ beeinflusst. Und sie tun dies auch. Die Frage wird sein, was passiert, wenn China in Konkurrenz zum Leitwährungsstatus tritt, während die USA stramm auf eine Staatsschuldenquote von knapp 140 % zumarschieren. Es ist natürlich rein von der Mathematik her schon unrealistisch, dass sich ein 1,5-Milliarden-Land mit ebenso globalen Ambitionen langfristig von einem 330-Millionen-Land die Butter vom Währungs- und Wirtschaftsbrot nehmen lässt.

Unseres Erachtens hätte man aufgrund der enormen Nebenwirkungen einer Nullzinspolitik die Leitzinsen jedenfalls in den relevanten Währungsräumen nicht so tief senken sollen. Oder eine Senkung direkt verbinden müssen mit einem mittelfristigen Anhebungsplan. So aber verharren wir immer weiter in der Niedrigstzinswelt, der Wettbewerb um den attraktivsten Währungsraum geht auf Niedrigstniveau weiter und wir kommen nicht auf den Anhebungspfad zurück..

Zur Lage der Finanzmärkte unter dem speziellen Blickwinkel unseres Depots haben wir ja schon geschrieben. In Kurzform geht die Geschichte so: wir haben zwar im Crash, aber sehr zu Beginn des Börsen-Crashs stark verkauft. Zu den Verkaufsgründen verweisen wir auf die früheren Artikel. Nachfolgend dargestellt ist unsere Wertpapierkreditnutzung (in Rot) mit der Diagrammobergrenze als Nullkreditlinie und dem grünen Bereich der gefahrlosen Wertpapierkredit-Inanspruchnahme (aufgrund Rückdeckung durch börsenunabhängige Kredite). Parallel dargestellt ist der DAX-Verlauf in Schwarz mit seinem Indexstand an der rechten Skala.

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Wie schon ein paar Mal geschrieben, waren wir im Vorfeld der Krise mit etwas zu heißem Wertpapierkredit-Eisen unterwegs. Was im aufwärts strebenden Markt vorher natürlich gute Buchgewinne bescherte. Mit der Vorahnung, dass hier etwas Größeres auf uns zukommt, haben wir Ende Februar erkennbar die Wertpapierkreditreißleine gezogen und massiv Risiken zurückgefahren. Wie man sieht, waren wir bereits Ende Februar nur noch gemäßigt gelevert unterwegs. Wohlgemerkt: nur die Kreditfinanzierung wurde durch Verkäufe ein Stück zurückgefahren. Unser Investitionsgrad lag damit immer noch zu jeder Zeit bei mehr als 100 % des Eigenkapitals. Den Kardinalfehler des Panikverkaufs inmitten einer Krise haben wir also mit unserem eigenen Geld schon gar nicht begangen.

Man sieht außerdem im Diagramm bereits einen kleinen Rückkaufzacken Mitte März. Ab da waren wir nämlich schon wieder auf der Käuferseite. Der weitere, parallel verlaufend erscheinende Zeitraum bis Oktober täuscht, da Dividendenzuflüsse und Sparraten investiert wurden. Nur wurde die Wertpapierkreditnutzung nicht merklich erhöht oder vermindert. Dazu kam es dann erst wieder am 9.11., als klar war, dass Biontech gute Studienergebnisse mit überragender 90%iger Wirksamkeit zum Impfstoff veröffentlichte und dass die Zulassung beantragt wird. Was man also bei aller Bescheidenheit schon sagen kann ist, dass wir sowohl den Verkaufszeitpunkt vergleichsweise gut erkannt und getroffen haben und dann aber auch den richtigen Auslöser für den Wiedereinstieg gefunden haben. Wir haben uns tatsächlich aber auch einfach genau an das gehalten, was wir vor einem Jahr im März 2020 publizierten:

Da der Virus der Krisenauslöser war und ist, wird der Virus auch der Krisenlöser sein. Entweder er verschwindet mit wärmeren Temperaturen, was derzeit wissenschaftlichen Studien zufolge nicht wahrscheinlich erscheint, oder aber es wird ein mortalitätsreduzierendes Medikament gefunden oder es wird ein Impfstoff gefunden. Gibt es hierzu belastbar Neues, werden die Aktienkurse voraussichtlich in die Höhe schießen. So historisch wie der Absturz war, so historisch wird möglicherweise auch der Anstieg der Kurse sein, die der realen Entwicklung stets einige Monate vorauslaufen.
Der Worst Case (Teil III)

Die Biontech-Meldung am 9.11. kam um 12:45 Uhr denkbar ungünstig für berufstätige Aktienkäufer so mitten in der Mittagspause 😉 Anschließend rann der DAX von 12.700 auf mittlerweile 15.500 im Hoch in der vergangenen Woche, immerhin +22 % seitdem und +12 % gegenüber dem Vor-Corona-Hoch. Wir haben aber am 9.11. noch in der Mittagspause die Zeit genutzt, den Investitionsgrad noch am selben Tag wieder signifikant hochzufahren. Ganz risikofrei war das nicht – die Zulassung hätte auch scheitern können. Wir haben de facto auf die Reputation von Pfizer und Biontech gesetzt.

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Das Verkaufsvolumen und das Rückkaufvolumen steht sich wie folgt gegenüber:

Die Kästen pro Monat sind nach Tagen getrennte Transaktionsvolumina. Daran erkennt man, dass wir an drei Tagen im Februar massiv verkauft haben. Weiterhin sichtbar sind die ersten zaghaften Käufe im März und wie beschrieben die zurückhaltende aber kontinuierliche Investitionstätigkeit im Frühjahr und Sommer. Der größere Kauf im Sommer ist der günstig getimte Rückkauf des Lindt-&-Sprüngli-Partizipationsscheins nach signifikanter Kursschwäche aufgrund des Halbjahresberichts. Erst mit der Bekanntgabe des oben genannten Biontech-Zulassungsantrags haben wir im November wieder signifikant aufgestockt, ohne aber den Bereich der risikofreien Wertpapierkreditnutzung zu überschreiten.

In dieser Übersicht zeigen wir einmal die Performance aller einzelnen Käufe seit Ende Februar 2020. Deutlich sichtbar ist, dass die meisten Käufe zum heutigen Tag eine positive Wertentwicklung aufweisen. Negativ gelaufen sind insbesondere klassische Ölwerte, die immer noch am Ölpreisverfall und unter der durch die Krise verschärfte Diskussion um ESG und den Klimawandel leiden. Als immer zu teuer eingekaufter Einzelwert sticht außerdem die Alteryx-Aktie heraus sowie der missglückte Corestate-Rückkauf, die auch als Firma ein jämmerliches Jahr hatten.

Positiv ist dagegen insbesondere der erst per Zulassungsantragsankündigung umgesetzte Biontech-Kauf. Des Weiteren ist deutlich sichtbar, dass die Reise-, Flugzeugbauer- und Tourismusaktien seit März 2020 äußerst gut gelaufen sind. Noch besser sind einzelne REITS und BDCs sowie Pipelinebetreiber gelaufen, die wirklich sämtlich massiv ausgebombt waren im März. Außerdem bemerkenswert sind natürlich die Broker-Aktien. Von diesen sind im letzten Jahr FlatexDegiro sowie wallstreet:online neu hinzugekommen. Lang & Schwarz haben wir schon vor fünf, sechs Jahren zu unter 15 Euro eingesammelt und uns damit den ersten Verzehnfacher ins Depot geholt. Einige populäre Highflyer-Aktien wie Sea Ltd. laufen bei uns gut, andere wie die MyTheresa.com-Holding weniger. Kürzlich haben wir uns auch Readly ins Depot geholt, wobei hier der Zeitpunkt rückblickend ebenfalls weniger gut gewählt war. Bei Tech-Werten kaufen wir aber klassischerweise teuer im Lichte der Erkenntnis, dass stark wachsende Unternehmen selten billig zu haben sind.

Bereits im April 2020 haben wir zusammengefasst, welche Branchen für uns besonders interessant sind. Dies waren natürlich die ausgebombten Branchen, die „Corona-Verlierer“, wie man so schön sagt. Dies war aber zu dem Zeitpunkt ja schon in den Preisen drin, einschließlich der obligatorischen Übertreibung nach unten. Wir haben uns jedenfalls an unsere eigenen Worte gehalten und genau die Branchen nachgekauft, die am Boden zerstört waren. Vor allem Tourismus, die Flugzeugbranche und die Veranstaltungsbranche. Blogurgestein Tim Schäfer hat genau das gleiche getan. Wir erwarten weder einen dramatisch nachhaltigen realwirtschaftlichen Home-Office-Effekt, noch einen Effekt, dass nach der Krise auf Kreuzfahrtreisen verzichtet werden wird, noch, dass weniger geflogen wird. Im Gegenteil erwarten wir eine Explosion der Flugverbindungen nachdem Corona wieder vorbei ist. Nachdem derzeit mehr oder weniger die ganze Welt als Risikogebiet definiert wurde und die Quarantäne wirksam vom Reisen abhält, wird unterdrückt, was nach unserer Auffassung nach Aufhebung der Beschränkungen passieren wird. Genau dafür haben wir uns Fraport, Boeing, Airbus, MTU, CTS Eventim, Booking.com etc. ins Boot geholt.

Jetzt kann man nach all den gezeigten Diagrammen ja mit Recht fragen: hat sich die Verkaufsaktion und der Rückkauf im Ergebnis gelohnt? Dazu vorab der Einwand, dass der Verkauf ja im Februar 2020 nicht aus Markt-Timing-Gründen erfolgte und deshalb nicht auf Rendite ausgerichtet war. Dennoch: überschlägig haben wir durch die Art und Weise unseres Handelns nun ein um 3% höheres Gesamtvermögen, als wenn wir in 2020 unser Buy & Hold (mit zu hohem Kredithebel) durchgezogen hätten und jeden Cash-Zufluss nur in die graduelle Wertpapierkreditrückführung gesteckt hätten. Am Ende wäre der Wertpapierkredit ebenfalls genau da, wo er jetzt auch ist.

Bekannt ist folgende Graphik:

Quelle: medium.com

In diesem Ausnahmefall ist es uns gelungen, gut zu verkaufen, gut zurückzukaufen und damit auch noch eine Überrendite einzufahren, also gerade keine Behavior-Gap-Minderrendite zu erleiden. Bekanntlich ist der erste Schritt ins Verderben der Gedanke, man müsste jetzt mal irgendetwas Neues versuchen, weil das Alte zu langweilig oder zu gewöhnlich geworden ist. Deshalb investieren wir nach wie vor weder in Kryptowährungen, noch in P2P, noch in Termingeschäftsprodukte, sondern schlicht und einfach in weltweites Unternehmertum über den Weg der Unternehmensanteile. Wir werden aber jetzt auch nicht zu Markt-Timern, nur weil das einmal in 2020 gut funktioniert hat. Seit März 2020 heißt es wieder: stinknormales Buy & Hold. 

In Börsenkrisen stellt sich immer noch die Frage der emotionalen Verarbeitung. Wie dargestellt, war unser Thema in der Hochphase des Absturzes eher das Kreditrisiko, als dass wir jetzt ein emotionales Thema mit gesunkenen Kursen gehabt hätten. Keinesfalls darf man emotional zum Getriebenen der Krisensituation werden, vielmehr muss man sich vom Geschehen emanzipieren. Im Gegenteil ist das Problem vielmehr gewesen, dass mitten in einem Börsenkrach in der Regel immer zu wenig Liquidität für Käufe zur Verfügung steht. Das ist aber das klassische Dilemma von Vollinvestierten. Bei allem, was gut gelaufen ist, darf aber nicht vergessen werden: es hätte alles auch anders und schlimmer kommen können. Tödliche Mutanten, Fehlschläge bei der Impfstoffentwicklung, eine noch höhere Ansteckungsrate, die sogar der Industrie zu schaffen gemacht hätte. Dazu kam es (bisher) nicht, und auch der Impfstoff brauchte nicht „mindestens 18 Monate“, wie es noch im März letzten Jahres allerorten hieß. Glück gehabt? Oder einfach kein Pech gehabt!

Was können wir noch lernen? Zum einen den Punkt, dass wenn man überzeugt davon ist, dass man Wertpapierkredite reduzieren muss, dies eigentlich auch indiziert, dass man Short-Positionen kaufen kann. Allerdings haben wir mit Short-Positionen noch nie wirklich überzeugende Erfahrungen gemacht. Zum anderen den Punkt, dass wir uns in den entscheidenden Tagen nicht an die sogenannte Midas-Linie erinnert haben, die dem Buchwert des DAX (exemplarisch) entspricht. Diese verlief im März genau bei 8.200-8.300 Punkten, also da, wo das Tief dann auch lag. Dies war nicht nur im März 2020 so, sondern sämtliche Crash-Tiefs der vergangenen Jahrzehnte unterschritten die Midas-Linie nie nachhaltig. Das heißt, man hätte jeden Rückkauf so lange zurückhalten können, bis man diese Linie erreicht. Es gibt natürlich keine Garantie für solche Linien. Aber ein starkes empirisches Indiz gibt sie dennoch. Wenn man sich damit ein wenig beschäftigt, kann man sogar den Schluss ziehen, dass man dann das Investieren eher pausieren sollte, wenn die DAX-Bewertung den zweifachen Buchwert überschreitet. Fraglich ist, ob die Midas-Linie auch in Zukunft anwendbar bleibt, wenn sich die Indexzusammensetzung mit der Folge anderer Kurs-Buchwert-Bewertungen ändert. Was außerdem wieder auffiel: dass die Stimmung zum Terminmarktverfallstag im Februar drehte und zum Terminmarktverfall im März wiederum. Dies ist ein altbekanntes Muster, dass sich langfristige Wendepunkte an der Börse oft um den Terminmarktverfall herum abspielen.

Berühmtheit in der Krise erlangten diejenigen Konzerne, die in irgendeiner Weise von Staatsgeld profitierten. Exemplarisch soll hier Daimler genannt sein. Die Erzählung ging dann so, dass es verwerflich wäre, dass Daimler mittelbar vom Sozialstaat profitiert, gleichzeitig aber Dividenden an die Aktionäre ausschüttet. 700 Millionen Euro, so der Vorwurf, hätte Daimler an Staatsgeld bekommen und ausgeschüttet. So liegt der Fall natürlich mal wieder nicht. Hierzu muss man den Mechanismus verstehen. Kurzarbeit wurde in der Finanzkrise, als man sich für die Annahme von Staatsgeld noch schämen durfte, als Instrument zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit eingeführt. Firmen hätten Personal abbauen können, dann hätten die Arbeitslosen ALG 1 aus der Arbeitslosenkasse erhalten, in die sie vorher selbst über Arbeitslosenversicherungsbeiträge eingespart haben. Um die Leute in Arbeit zu halten, wurde der Arbeitsvertrag aufrecht erhalten, das Personal musste aber nicht arbeiten weil es aktuell keine Arbeit gab, erhielt aber dennoch eine Art Quasi-ALG 1, eben das Kurzarbeitergeld. Dem Unternehmen ist rein finanziell egal, welchen Weg man geht, denn mit Personalkosten belastet wird man als Unternehmen über beide Varianten nicht bzw. kaum. Die Arbeitnehmer haben in beiden Fällen keine Arbeit und bekommen deshalb in beiden Fällen Lohnersatz aus der Arbeitslosenkasse. Kurzarbeit begünstigt also eher die Arbeitnehmer, als die Unternehmen, jedenfalls rein finanziell. Die Unternehmen haben höchstens ein Interesse, qualifiziertes Personal zu binden und teure Abfindungen aufzuschieben. Aber die Alternative zu Kurzarbeit ist nun einmal die betriebswirtschaftlich notwendige Stellenstreichung. Einen Weg muss ein Unternehmen gehen, da Aufgabe von Unternehmen nicht ist, den Sozialstaat zu ersetzen, sondern mit dem effizienten Umgang mit knappen Ressourcen ein positives Betriebsergebnis zu erreichen. Das ist wie mit dem innerstädtischen Einzelhandel: es gibt keinen Anspruch auf Existenz, dieser muss sich erarbeitet werden. Genauso wie es keinen Anspruch auf einen Arbeitsplatz gibt. Dieser muss betriebswirtschaftlich notwendig sein. Das Virus des Selbstzwecks scheint umzugehen in Deutschland. Es gibt also keinen Anspruch darauf, dass Unternehmen den Nachteil aus dem Geschäftsrückgang über konstante Personalkosten selbst trägt. Zumal aktienrechtlich eine Pflicht des Vorstands zur Gewinnerzielung, möglicherweise sogar zur Gewinnmaximierung hergeleitet werden kann. Ein Vorstand würde sich also pflichtwidrig verhalten und sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er das Unternehmen unproduktiv oder sogar wertvernichtend führt.

Die schnellen Querschüsse aus der Politik sind also völlig unangebracht und die Frage nach dem Kurzarbeitergeld, das Daimler ja nicht behalten darf, sondern an seine Arbeitnehmer (in Vorleistung) ausgezahlt hat, ist jedenfalls in der Sache völlig unabhängig von der Frage, wie viel Gewinn und Cash-Flow Daimler gemacht hat und wie viel das Unternehmen davon ausschüttet.

Of course, it is not the employer who pays wages. He only handles the money. It is the product that pays wages and it is the management that arranges the production so that the product may pay the wages.
Henry Ford

Hier wird in unzulässiger Weise sozialstaatlich gewünschte Arbeitslosigkeitsverhinderung vermengt mit wohl politisch als völlig selbstverständlich betrachteten Eingriffen in das Eigentumsrecht der Aktionäre. So schlecht das in der Außenwirkung ja tatsächlich auch aussehen mag. Aber Daimler ist hier aus unserer Sicht nicht der Böse in der Geschichte. In Deutschland ist das Vermögen des einen für den anderen zu oft zuerst einmal ein Problem.

Fazit zur Artikelserie zum Rückblick auf ein Jahr Corona

In Krisenzeiten wird gerne sinngemäß kolportiert, im Chinesischen würde das Schriftzeichen für Krise gleichzeitig auch Chance bedeuten. Das ist zwar erwiesenermaßen Nonsens, dennoch kann fast jeder Krisenphase auch etwas Gutes abgewonnen werden, zumindest mal aus Börsensicht. Für uns ist jede Krise vor allem die Chance, sie fortlaufend neu bewerten zu müssen und im Verlauf Erkenntnisse zu sammeln und aus ihr zu lernen. Denn klar ist, dass wir uns mitten in einem Eintrag ins Geschichtsbuch befinden. Diese Krise ist so historisch, dass man das ganze Jahrhundert noch darauf zurückblicken wird.

Wir haben unsere Artikelserie mit den gesellschaftlich relevanten Themen Wahrheit bzw. Wirklichkeit und der gemeinsamen Vorstellung von beidem begonnen, weil uns dieses Thema am wichtigsten ist. Eine Gesellschaft die kein gemeinsames Verständnis von den Dingen, die sind, hat, ist unseres Erachtens zum Auseinanderdriften verdammt.

Jeder dürfte in seinem Bekanntenkreis mittlerweile einen oder mehrere kennen, die permanent Falschnachrichten in die Welt hinausposaunen. Als jemand, der sich weiterhin dieser Gesellschaft zugehörig fühlt, nicht permanent anderen seinen Egozentrismus aufzwingt und der, soweit möglich, auf Faktenbasis operiert, wird man damit in Diskussionen heutzutage regelmäßig auf dem falschen Fuß erwischt. Eine Diskussion mit Falschnachrichtenvertretern ist im Kern müßig, da sich derjenige fortwährend aus nicht belastbaren Quellen unterrichtet, gleichzeitig aber mit felsenfester Überzeugung auftritt. 46 % der Deutschen verfügen aber erwiesenermaßen über eine sehr niedrige Nachrichten- und Informationskompetenz. Im Zweifel ist der Fake immer schneller und weiter verbreitet als die zugehörige Richtigstellung. Man weiß gar nicht, was einen mehr betrüben soll, die Tatsache, dass fortwährend in sozialen Medien Erlogenes mit Wahrheitsanspruch veröffentlicht wird, oder die Tatsache, dass jede einzelne Veröffentlichung großteils ungeprüft aufgenommen wird und direkt empört drauf los kommentiert wird, anstatt – freilich anspruchsvoller – zuerst den Wahrheitsgehalt zu prüfen und den Fälscher öffentlich bloßzustellen.

Es wird dies eine der interessantesten Fragen nach der Corona-Krise sein, wie der zum Zerreißen gespannten, auf zerstörerisch-zersetzender Desinformation beruhenden, vor Wut mundschäumenden Polarisierung in Teilen der Bevölkerung in diesem Lande begegnet werden kann. Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie nicht selbst hervorrufen kann. Wir haben für uns z.B. die Entscheidung getroffen, bis auf Weiteres das Faktencheckportal Correctiv finanziell zu unterstützen, um einen Beitrag zur Bekämpfung der Falschnachrichtenpandemie zu leisten und damit für eine Gesellschaftsvorstellung einzutreten, die ein Zusammenleben in Freiheit auf der Basis dessen, was ist, überhaupt noch ermöglicht.

Dennoch ist der Aufruf zu mehr Sachlichkeit und vor allem gegen die allgegenwärtige Diskreditierung derer mit anderer Meinung kein Freifahrtschein für Medien und Politik. Kritik ist berechtigt und angebracht, solange sie sachlich ist. Die gebotene Sachlichkeit zu wahren ist in einer Krise, die jeden einzelnen sehr persönlich betrifft, natürlich ungleich schwerer als in den vielen Krisen auf der Welt, von denen Mitteleuropäer regelmäßig nicht direkt betroffen sind. Wir haben das beim Verfassen der Artikelreihe zum Rückblick auf Corona selbst gemerkt und das Schwierigste an Ansprüchen ist natürlich immer, ihnen selbst gerecht zu werden. Dem pauschalen Maximalvorwurf des „Staatsversagen“ haben wir uns hier aber ersichtlich nicht angeschlossen und wir würden ihm sogar als „nicht hilfreich“ und „nicht sachgerecht“ entgegentreten. Wir maßen uns nicht an, schlauer als Virologen, Epidemiologen etc. zu sein. Deshalb fokussiert unsere Kritik vor allem auch auf mangelnde Maßnahmendifferenzierung und Kommunikation. Unter Letzteres fällt zum Beispiel auch, wenn die Ländervertreter im Bundesrat einem allseits als gewünscht und notwendig angesehenen Bundesgesetz gleichzeitig mit den Worten „Tiefpunkt in der föderalen Kultur“ (Haseloff), „kurzatmiger Aktionismus (Weil), „schwerer Konstruktionsfehler“ (Schwesig), „verfassungsrechtlich problematisch“ (Bouffier) zustimmen.

Im Hinblick auf die Wirtschaft würden wir als Fazit vor allem festhalten, dass es zu jeder Zeit wichtig ist, sich der Krisenprägung des Bewusstseins bewusst zu machen. In Krisen neigt der Mensch immer zu stark zu Pessimismus. Außerdem erleben wir in jeder Krise erneut in Teilen eine journalistische Tendenz, ideologisch gefärbtes Wunschdenken als Zukunftsprognose aufzustellen. Jeff Bezos ist ausweislich der empfehlenswerten Biographie „Der Allesverkäufer„* ein großer Freund der Feststellung des amerikanischen Informatikers Alan Kay „Ein Standpunkt ist 80 IQ-Punkte wert.“ Wir nehmen für uns eher das Gesetz der Trägheit mit: in Summe bleibt mehr, wie es ist, als dass Krisen wirkliche Disruptionen veranlassen. Sich Zoom zu installieren, ist jedenfalls noch keine Revolution. Die wahre Disruption ergibt sich weiterhin vor allem aus unternehmerischen Innovations- und Marktprozessen; nicht aus Krisen, die womöglich noch von Politikern „gemanagt“ werden.

Aus finanzieller Perspektive hatte man mit Corona den Luxus einer Krise, deren Entstehen man bereits über den Zeitraum von zwei Monaten vor dem Aktienmarktcrash mitverfolgen konnte. Eine Krise mit Ansage sozusagen. Und theoretisch ausreichend Vorbereitungszeit. Im Rückblick würden wir sagen, dass wir die Krise vor einem Jahr gar nicht so schlecht eingeschätzt haben. An der Börse kurz, kräftig und V-förmig:

„So historisch wie der Absturz war, so historisch wird möglicherweise auch der Anstieg der Kurse sein, die der realen Entwicklung stets einige Monate vorauslaufen.“
Der Worst Case (Teil III) 

Es gibt an der Börse nichts Wichtigeres als Informationen.

Der wichtigste Gebrauchsgegenstand, den ich kenne, ist die Information.
Gordon Gekko in: Wall Street

Ohne Information kann man nicht urteilen und nicht entscheiden, im Ergebnis also nicht profitieren. Die eklatanten Fehleinschätzungen der sogenannten Querdenker, die quer denken wollen, aber im wahren Leben nicht einmal geradeaus laufen können, beruht ja gerade auf der fragwürdigen Qualität ihrer Informationsquellen und ihrer mangelhaften Medienkompetenz. Wir betonen die Wichtigkeit von (guten) Informationen aber auch, weil alle paar Jahre mal Werbung für die Methode der Nachrichten-Diät Werbung gemacht wird, die maßgeblich auf Rolf Dobelli zurückgeht. Wer aber nicht weiß, wo er sich befindet, kann auch nicht entscheiden, wohin er muss. Wer nicht weiß, woher der Wind weht, kann nicht sagen, wie er die Segel setzen muss. Die Alternative ist der ETF-Sparplan. Diese Variante steht jedem jederzeit offen. Die Frage ist dennoch, ob die Beschäftigung mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik und ihren Wechselwirkungen mit den Finanzmärkten wirklich so wenig nutzenstiftend ist, als dass man sich nicht doch mit ihnen beschäftigen sollte, um sich für ein Direktinvestment in Unternehmenseigentum zu befähigen.

Wenn sich aber eine Annahme als richtig herausgestellt hat, dann diejenige, dass der Schaden von den Maßnahmen angerichtet wird, nicht vom Virus. Ein paar Tage vermiedener Wirtschaftsleistungsverlust aufgrund des „Lockdown“ (den es ja nicht gibt, weil es dem Grunde nach ein Shutdown ist) würden die jährlichen Impfkosten des ganzen Landes refinanzieren. Und dies alle paar Tage erneut. Auf der einen Seite ist eine seltsame Vorliebe seitens der Regierung für teilweise unnötig schmerzhafte Pauschallösungen erkennbar, auf der anderen Seite eine Vorliebe in Teilen des Volkes für eine radikal postfaktische Rezeption von Krise, Staat und Gesellschaft sowie im weiteren Extrem eine Vorliebe für immer schärfere Maßnahmen zulasten der restlichen Bevölkerung:

Für die Börse ist die Corona-Krise dagegen schon lange abgehakt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass wir uns nicht in einem Jahr immer noch damit beschäftigen müssen.

Vor dem Hintergrund unserer vier Artikel wollen wir die Serie schließen mit einem lateinischen Sprichwort:

In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas.
In notwendigen Dingen: die Einheit. In fraglichen Dingen: die Freiheit. In allem: die Nächstenliebe.

Hast Du Fragen, Anmerkungen oder Hinweise? Schreib‘ gern im Kommentarbereich! Gerne auch dazu, wie Du die Corona-Krise erlebt hast und was Du gelernt hast!

 

Hier noch einmal der Link zum ersten Artikel unserer Corona-Rückblicksserie Rückblick auf ein Jahr Corona: Die Gesellschaft und der Tragödie erster Teil, zum zweiten Artikel Rückblick auf ein Jahr Corona: Die Politik und der Tragödie zweiter Teil sowie zum dritten Artikel Rückblick auf ein Jahr Corona: Die Wirtschaft und der Tragödie dritter Teil.

 
Eine 95%ige Steuerbefreiung für Aktiengewinne und eine Steuersatzsenkung auf 15 % für Dividenden klingen wie Musik in Deinen Ohren? Wenn Du Dich für das Thema Aktienanlage in Kapitalgesellschaften interessierst und mehr darüber erfahren möchtest, ist unser Buch Die Sparschwein-UG oder die Sparschwein-UG Betriebsbesichtigung vielleicht das Richtige für Dich! Tritt auch gerne unserer Facebook-Gruppe bei und tausche Dich mit Gleichgesinnten aus!

2 Gedanken zu „Rückblick auf ein Jahr Corona: Die Finanzmärkte und der Tragödie letzter Teil“

  1. „Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie nicht selbst hervorrufen kann“ habe nach einem passenden Kommentar zur Coronakrise gesucht und bin nach Zeit, FAZ und SZ hier endlich fündig geworden 🙂

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