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Es gibt doch einen Free Lunch: Der Staat verschenkt Gold

Endlich ist es soweit: wir leben in einem Land, in dem Milch und Honig in den Bächen fließen und in dem der Staat Gold an das Volk verschenkt und man den Dollar für 50 Cent bekommt! Aus aktuellem Anlass gibt es heute von uns nur einen kurzen Artikel und darüber hinaus ein für unseren Blog ungewöhnliches Thema.

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Eigentlich hat es mit unserem Blog nichts zu tun, worüber wir heute schreiben. Gelesen haben wir das ganze in der aktuellen Ausgabe der Euro am Sonntag, auf die wir insoweit gerne verweisen. Die Geschichte ist vollkommen skurril und wurde, soweit ersichtlich, von den Blogger-Kollegen auch noch nicht behandelt, sodass wir den Ball gerne aufnehmen. Denn es geht darum, risikolos bis risikoarm Geld zu verdienen. Geld, das praktisch auf der Straße liegt.

Zum Hintergrund: Die Deutsche Bundesbank ist zwar mit der Versorgung des Zahlungsverkehrs mit einer ausreichenden Menge von Zahlungsmitteln betraut, aber nicht im Münzhandel tätig und unterhält auch keine Bestände zur Abgabe an Sammler und sonstige Interessenten. Zur Belieferung dieses Personenkreises wurde vom Bundesfinanzministerium eine spezielle Sammlerstelle eingerichtet, die Verkaufsstelle für Sammlermünzen der Bundesrepublik Deutschland (VfS).

Der Ablauf ist so, dass das Bundesfinanzministerium zu einem festgelegten Goldpreis von der Bundesbank Gold ankauft und daraus Münzen prägen lässt. Der spätere Verkaufspreis ergibt sich ebenfalls aus diesem Beschaffungsgeschäft, wird also fixiert und ändert sich später auch nicht mehr. 

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Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn derzeit läuft die Bestellfrist für die letzte der 16 Goldmünzen der 2003 begonnenen Serie zu UNESCO-Welterbestätten in Deutschland:  eine 100-Euro-Goldmünze mit dem Motiv „Dom zu Speyer“.

Quelle: deutsche-sammlermuenzen.de

Der Kaiserdom zu Speyer gilt als größte erhaltene romanische Kirche Europas. Als Symbol der Macht wurde er von Kaisern erbaut und von ihnen zur letzten Ruhestätte auserkoren. Im Jahr 1981 fand das Gotteshaus Aufnahme in die Liste des UNESCO-Welterbes.

Noch bis zum 12. September kann die Münze unter diesem Link bestellt werden (maximal 10 Stück). Der Ausgabepreis beträgt 626,98 Euro (zzgl. Versand im Bereich von 7 Euro pro Münze). Die Auflage ist limitiert auf maximal 175.000 Stück – gehen mehr Bestellungen ein, soll jeder Besteller jedoch zumindest eine Münze erhalten. Weitere Details sind in der Euro am Sonntag nachzulesen.

Das Besondere an dem Ganzen ist nun (und wir verdienen übrigens nichts dran! 😉 ), dass man eine Goldmünze mit einer halben Unze Gewicht für einen Preis von 626,98 Euro bestellen kann. Seit der Preisfestlegung seitens des Finanzministeriums ist der Marktpreis für Gold jedoch signifikant angestiegen und liegt derzeit bei ca. 697 Euro für die halbe Unze. Somit steht ein potentieller risikoloser Gewinn in Höhe von 70 Euro pro Münze (vor Versandkosten) oder bezogen auf den Einsatz immerhin 11,2 % brutto im Raum.

Hier kommt nun der Nervenkitzel dazu. Denn ausgeliefert wird die Münze angabegemäß erst Anfang Oktober, also in vier Wochen. Es muss deshalb ein Stück weit darauf gewettet werden, dass der Goldpreis innerhalb der nächsten vier Wochen nicht um 10 % oder mehr abschmiert. Die Alternative ist, auf die Lieferfähigkeit der VfS zu wetten und die Münzen direkt z.B. bei eBay reinzustellen. Für die Optionsfreunde unter uns: somit hat man einen Long Call auf die Lieferung, der derzeit dick im Geld ist, und gleichzeitig einen Short Call, wenn einem jemand kurzfristig die Münzen bei eBay zum Marktwert mit Lieferbedingung Anfang Oktober abkauft. Alternativ könnte man sich mittels Derivaten gegen eine adverse Preisveränderung absichern und Anfang Oktober zum Tageskurs verkaufen. Das wären dann sichere 70 Euro abzgl. Versand abzgl. Derivatkosten abzgl. Handelskosten abzgl. Verkaufskosten, was am Ende immer noch deutlich größer als Null sein sollte. Bei den maximal erlaubten zehn Münzen wären deshalb – Stand Goldpreis heute – 700 Euro Bruttogewinn drin.

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Auf der anderen Seite wird von vielen Interessierten Gold immer wieder auch allgemein als Vermögensbeimischung empfohlen. Wir von Atypisch Still haben keinerlei Gold und planen es auch nicht zu kaufen. Wir glauben im Übrigen auch nicht, dass Dr. Krall, dem leider eine mit der Unseriosität seiner Aussagen korrelierende mediale Aufmerksamkeit verschafft wird, recht hat und im nächsten Jahr der Bankencrash kommt. Auch nicht übernächstes Jahr. Auch nicht überübernächstes Jahr. Und schon gar nicht in der dritten Woche im zweiten Quartal 2023. Aber das ist ein anderes Thema.

Wir halten Gold bei unserem persönlichen (!) Anlagestil bereits dem Grunde nach nicht für eine geeignete Anlage. Das mag jeder für sich selbst entscheiden und zu einem anderen Ergebnis kommen, das ist völlig okay für uns. Aber eine Free-Lunch-Gelegenheit bietet sich hierbei jedenfalls mit Sicherheit, dazu muss man nicht unbedingt Gold-Fan sein. Falls der Goldpreis doch (ungehedged) stark fallen sollte, kann man sich immer noch damit trösten, dass man zumindest theoretisch einmal deutlich unter dem Marktpreis gekauft hatte und kann sich die Münze unters Kopfkissen für schlechte Zeiten legen. 🙂 Sammlerwert haben die Münzen laut börse-online übrigens nicht.

Was man allerdings davon halten soll, dass das Bundesfinanzministerium wieder einmal einen solchen Zirkus bezahlt, steht auf einem anderen Blatt.

Quelle: bundesfinanzministerium.de

Was hier für ein Aufwand betrieben wird (und durch Steuern finanziert werden muss), ist auch an Kuriosität wieder nicht zu überbieten. Eine Münzjury (!) veranstaltet einen Münzgestaltungswettbewerb (!) zu einem Thema, das Olaf Scholz (der mit den Altersvorsorgeverhinderungssteuern) beschlossen hat. Das Bundeskabinett („Dem Bundeskabinett gehören neben der Kanzlerin 15 Ministerinnen und Minister an.„), also ein Gremium, in dem die Bundeskanzlerin sitzt, beschließt dann über die Münze selbst. Die Ausgabe der Münze wird im Bundesgesetzblatt (!) veröffentlicht und anschließend stellt das Bundesfinanzministerium die Münze öffentlich vor.

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Vielleicht fehlt uns einfach die romantisch-numismatische Veranlagung. Aber so richtig Begeisterung mag als Steuerzahler einfach nicht aufkommen. Der ein oder andere Kommentator mag wieder anmerken, wie wir uns über solche Kleinigkeiten aufregen können. Aber wir sind nun einmal einfach der Auffassung, dass der Staat wichtigere Aufgaben zu übernehmen hat, als sich über 1,5 bis 2 Jahre (vgl. Darstellung oben) mit der Ausgabe einer Sondermünze zu beschäftigen und sicherlich nicht unerhebliche Ressourcen zu investieren.

Das soll’s für heute schon gewesen sein. Erzählt uns gerne in den Kommentaren, ob ihr euch euer persönliches Scholz-Gold abgeholt und damit den Gegenwert einiger zukünftiger Finanztransaktionssteuern wieder reingeholt habt 😉 

 

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15 Gedanken zu „Es gibt doch einen Free Lunch: Der Staat verschenkt Gold“

  1. Mal wieder ein klasse Artikel der erfrischend ist und Spaß gemacht hat. Dafür vielen Dank.
    Was mich irritiert ist der Wertversand. Eine Münze übersteigt 500€, damit liegen die Versandkosten pro Münze als Wertversand bei 58€? Verstehe ich das richtig?
    Damit wäre die Rendite ja dahin 🙂
    Liebe Grüße
    Tim

      1. Im Börse-Online-Artikel wird 7 Euro genannt. Die Versandkostenangabe auf der VfS-Seite ist zugegebenermaßen sehr verwirrend dargestellt. Allerdings wäre es nach der 58€-Theorie teurer im Inland zu versenden als ins Ausland.

  2. VIelen Dank für eure tollen Artikel. In dem obigen Artikel habt ihr kurz angerissen was ihr von den Thesen von Dr. Krall haltet. Ich habe mehrere Interviews mit ihm gesehen und fand seine Erklärungen zunächst einmal sehr plausibel. Er ist ja auch nicht einfach Journalist, sondern Volkswirt, Risikomanager, Unternehmensberater. Was mich da misstrauisch macht ist einfach diese Selbstsicherheit mit der er das prognostiziert. Vor allem auf ein bestimmtes Jahr, eben 2020. Ich denke mir, wenn das alle so logisch und plausibel ist, müssten die Märkte das alles längst eingepreist haben.
    Könntet ihr dazu mal einen eigenen Artikel verfassen mit Eurer Einschätzung dazu? Neben Dr. Krall gibt es ja auch noch weitere Crash-Propheten wie Friedrich&Weik etc. die ähnlich argumentieren.

    1. Markus Krall glaubt vermutlich selber nicht, dass es in Q3’2020 zur Banken-Pleite kommt?

      Aber die einzige Moeglichkeit, dass es fuer Banken besser wird, ist es mit apokalyptischen Visionen auf Aenderungen zu draengen:
      zB die gesetzl. Aussetzung/Abmilderung von Abfindungsregelungen im Banken-Umfeld und anderer Massnahmen, die wenigstens theoretisch die noetigen Freiraeume zum „Umbau“ der Banken ermoeglichen?

      Drastische Bilder scheinen manchmal gut, um ein bisschen mehr in Richtung Veraenderung zu wirken?
      Schau‘ mal auf dein Zigaretten-Paeckchen … 😉
      (Ja, nuetzt auch nix, ich weiss … es trifft immer nur die anderen, nie mich? Bei Helmut Schmidt hat’s auch gefunzt …)

      Sonst wuerden ja auch schon alle Menschen an Jesus Christus glauben, wegen der Hoelle und so?
      Wie sieht deine ultimative, ewige „Altersvorsorge“ aus?

      LG Joerg

    2. Ich glaube jeder sollte sich über einen zu erwartenden Finanzcrash, die
      Nullzinspolitik, Eurokrise seine eigenen
      Gedanken machen. Nicht von der Hand zu weisen
      ist auf jeden Fall, dass auch Marc Faber oder
      Max Otte zukünftige Verwerfungen im
      System aufzeigen. Fest steht auch, dass die Schulden seit 2009 nochmals weltweit
      enorm angestiegen wird. In welcher Form und
      welchem Umpfang
      sich das ganze in naher Zukunft entladen wird
      bleibt abzuwarten.

  3. Zu den 58€: ich lese das so, dass pro angefangene 500€ Versandwert (bei einer Münze also zweimal, bei zwei Münzen dreimal) jeweils etwas unter 7 € an Versandkosten anfallen…

    1. Ohoh, jetzt muss ich mich selbst kommentieren. Ich habe mich verlesen: da steht sinngemäß tatsächlich: Sofern bereits eine einzelne Münze den Wert von 500 € übersteigt, wird per Wertversand (58€) versendet.

      Dahin ist das Gratisessen

        1. ALso ich denke 10 Münzen kosten ebenfalls 58 € (bis 15000 € Wert kostet es so viel). Für eine Münze ist es also ein im Prinzip ein Gratisversand, bei dem der Gewinn duch den höheren Goldpreis durch die Versandkosten beinahe aufgezehrt wird. Ab zwei Münzen lohnt es sich im Prinzip, allerdings ist die von euch so genannte Free-Lunch-Gelegenheit eben erst ab zwei Münzen da. Bei 10 Münzen sind daher rund 640 und nicht rund 700 € drin.

  4. Liebes Team,

    toller Artikel. Ich schließen mich @Julian an und würde gerne mehr von Eurer Meinung zu den apokalyptischen „Versprechen“ von Dr.Krall und co hören. 🙂

    Weiter so und Grüße,
    Peter

    1. Da brauchen wir nicht viel dazu zu sagen, allein die Zeitangabe macht es schon unseriös und bei unseriös muss man nicht weiter in „ein bisschen unseriös“ oder „teilweise unseriös“ ausdifferenzieren, da ist einfach jedes Wort zu viel, ähnlich wie bei Friedrich & Weik 😉

  5. Danke für den Tipp. Eines bleibt aber unerwähnt: Sollte man den (potenziellen) Gewinn direkt nach Erhalt der Münze(n) realisieren wollen, wie verkauft man die Münze wieder? Ist das unkompliziert bzw. ein liquider Markt? Oder muss man dann auf Ebay mit anderen Spekulanten wetteifern und ggf. über Nachlässe sein Gold wieder zu Geld machen?

    1. Wir hatten nicht den Anspruch, eine ausgearbeitete detaillierte Anleitung zu veröffentlichen, sondern um einen wertvollen Hinweis zu geben. Die auf diesem Blog vermittelten Inhalte basieren ganz wesentlich auf Eigenverantwortlichkeit 😉

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