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Zur Frage, ob man für seine Investments nicht einfach eine Auslandsfirma gründen sollte

Die Idee geistert ja immer wieder mal durch das Internet und wir wollen in diesem Artikel darauf eingehen: sollte man für seine Aktienanlagen nicht einfach eine Auslandsfirma gründen?

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Deutschland, ein Spitzenreiter. Zugegeben, in immer weniger Disziplinen, aber in einer definitiv: Steuern und Sozialabgaben bei Arbeitnehmereinkommen. Im Durchschnitt gehen einem Single hierzulande knapp 40 % Steuern und Sozialabgaben ab. Bei richtiger Berechnung (also bezogen auf das, was der Unternehmer für den Arbeitnehmer aufwendet), sogar knapp 50 %. Glücklicherweise sieht der Arbeitnehmer die richtige Berechnung nicht, weil ihm immer die Bruttogehalts-Karotte vor der Nase hängt. Sonst würde er sich womöglich noch über die hohe Abgabenlast beschweren.

Nun würden wir die Behauptung aufstellen wollen, dass die Mobilität junger Leute sich derjenigen des Kapitals in der jüngeren Zukunft ein erstes zaghaftes Stück weit angenähert hat. Das Normalität gewordene Work&Travel-Jahr in Australien nach dem Schulabschluss oder gleich die mehrmonatige Selbstfindungs-Südostasienrundreise mit dem Rucksack haben Begehrlichkeiten geweckt, Wünsche nach glokaler Unabhängigkeit und weniger staatlichen (Steuer-)Eingriffen werden lauter.

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Und da ist die Idee dann fix geboren: warum macht man nicht ein Unternehmen im Ausland auf, um vom günstigeren Steuerniveau z.B. von Entwicklungsländern zu profitieren? Wir gehen im Folgenden von einer in Deutschland weiter normal steuerpflichtigen Person aus, bspw. weil sie noch über eine inländische Wohnung verfügt oder weil sie sich regelmäßig (auch) in Deutschland aufhält.

Und da muss man gleich unterscheiden. Redet man von einem echten Unternehmen, also einem, das im anderen Land tatsächlich vor Ort tätig ist, eine tatsächliche Geschäftsführung vor Ort hat, eigene Mitarbeiter beschäftigt, über Geschäftsräumlichkeiten verfügt, dann ist das sogar möglich. Es gibt ein gewachsenes System aus zwischenstaatlichen Abkommen, durch welche Steuerzuständigkeiten aufgeteilt werden, die sogenannten Doppelbesteuerungsabkommen. Diese hat Deutschland mit mehr als 70 Staaten abgeschlossen.

Unterhält man im Ausland ein „echtes“ Unternehmen im vorgenannten Sinne (das heißt also vor allem keine Briefkastenfirma) erzielt man Unternehmensgewinne im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen und die Regelmethode zur Vermeidung, dass Deutschland die im Ausland besteuerten Unternehmensgewinne nochmals besteuert, nennt sich Freistellungsmethode. Dies ist in jedem einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen bezogen auf den eigenen Anwendungsfall zu prüfen, da jedes Doppelbesteuerungsabkommen zwar dem Grunde nach einem standardisierten Schema folgt, im Detail aber abweichen kann. In diesem Fall würde es tatsächlich bei einer niedrigen ausländischen Besteuerung bleiben können, wenn zusätzlich auch die Voraussetzungen des Außensteuerrechts eingehalten werden.

Es gibt alternativ und seltener auch die Anrechnungsmethode, wodurch Deutschland (nochmals) besteuern darf, aber ausländische Steuern auf die deutsche Steuer anrechnet. Im Ergebnis wird das annehmbare ausländische Steuerniveau dann in der Regel auf das obszöne Steuerniveau Deutschlands angehoben.

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Deutschland gibt sich mit zwischenstaatlichen Vereinbarungen jedoch regelmäßig nicht zufrieden. Denn man könnte ja im Ausland einfach eine abschirmende Kapitalgesellschaft gründen und in dieser das ausländische Geschäft abwickeln. Mit dem niedrigeren Steuersatz. Genau dafür gibt es das bereits erwähnte Außensteuerrecht mit dem scharfen Schwert der verpflichtenden Hinzurechnung von als passiv eingestuften Einkommensarten bei ausländischen Tochterkapitalgesellschaften. Diese schädlichen Einkommen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie unter Mitwirkung von inländischen Steuerpflichtigen zustandekommen, wodurch der Generalverdacht aufgestellt wird, dass hier durch die Abwicklung über die Auslandsniederlassung nur die Steuerlast gedrückt werden soll. 

Folglich muss man auch hier verschiedenste Regelungen beachten, um nicht das durch die ausländische Kapitalgesellschaft eigentlich abgeschirmt im Ausland besteuerte Unternehmenseinkommen am Ende doch noch in Deutschland auf das inländische Steuerniveau heben zu müssen. 

Befinden wir uns gar nicht im Bereich „echter“ ausländischer Unternehmenseinkommen (wie etwa unsere Sparschwein-UG mit Dividendeneinkünften aus ausländischen Aktiengesellschaften), dann werden die Regelungen für deutsche Steuerpflichtige noch schärfer. Denn ausländische Tochtergesellschaften, die nur Einkünfte mit sogenanntem Kapitalanlagecharakter erzielen, werden komplett als passiv eingestuft (§ 7 Abs. 6 Außensteuergesetz, ab 2021 auch bei Streubesitzdividenden § 8 Nr. 7 b) AStG-E i.d.F. des ATAD-UmsG-Entwurfs). Folge: das ganze von der ausländischen Tochtergesellschaft erzielte Einkommen unterliegt auch in Deutschland der Besteuerung mit dem hiesigen Steuersatz.

Kleine Randnotiz: die Änderung im vorgenannten ATAD-UmsG-Entwurf deutet aus unserer Sicht darauf hin, dass eine solche Hinzurechnung im Inland bis 2020 bei rein aktienhaltenden und dividendenempfangenden ausländischen Tochterkapitalgesellschaften in Bezug auf Dividenden wohl nicht vorzunehmen war (wohl nicht ganz so einfach ist die Lage aber dann noch bei Aktienveräußerungsgewinnen). Folglich hätte man nach unserer Lesart bisher Aktien völlig legal niedrigbesteuert in einer ausländischen Kapitalgesellschaft halten und Dividenden thesaurieren können, ohne zwingend in die deutsche Hochbesteuerung reinzurutschen. Ein Schlupfloch, das nun offenbar geschlossen wird. Leider ist uns das nicht vorher bekannt geworden, aber bekanntlich haben wir in Deutschland das Problem, dass zum Thema vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften de facto keine belastbaren und qualitativen Informationsquellen existieren, die zugleich praxisorientiert auf Kapitalanleger zugeschnitten sind. 

Was lernen wir also daraus. Eine Auslandsgesellschaft lohnt sich für in Deutschland Ansässige vor allem dann, wenn im Ausland tatsächlich ein Unternehmen vor Ort betrieben wird und die Geschäfte auch in diesem Land geführt werden. Das reine Gründen einer estnischen OÜ führt also beispielsweise nicht ohne Weiteres dazu, dass man als deutscher Steuerpflichtiger das über die estnische OÜ erzielte Einkommen nicht auch in Deutschland mit dem hiesigen Steuerniveau versteuern müsste. Dafür müssen eine Reihe weiterer Voraussetzungen erfüllt sein. Was sehr schade ist, denn Estland scheint hier vorbildlich zu sein, was die Themen Gründung und Administration von Gesellschaft anbelangt. Da könnte sich Deutschland, das in Sonntagsreden gerne von Digitalisierung schwärmt, mal was abgucken.

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Will man nur seine Sparschwein-UG im Ausland gründen, wird man genau aus diesen Gründen vermutlich auf die Nase fallen. Denn die steuerliche Abschirmung der Auslandskapitalgesellschaft dient dann offensichtlich nur der Vermeidung des inländischen hohen Steuerniveaus. Und genau dann wird Deutschland über das Außensteuerrecht seine Besteuerungsbefugnis weiter ausüben wollen. 

Was aber wären die konkreten Folgen einer aktienhaltenden Kapitalgesellschaft im Ausland? Nun, im ersten Schritt wäre die Gründung einer Auslandsgesellschaft auch dem deutschen Finanzamt anzuzeigen (§ 138 AO), was schon einmal zu gesteigerter Aufmerksamkeit führen dürfte. Insbesondere in dem Falle, in dem man die Anzeige wissentlich oder unwissentlich vergessen sollte. Im zweiten Schritt kann man die Gesellschaft bestücken und darin grundsätzlich tun, was immer man mag.

Am Ende des Jahres ist im Ausland – vermutlich – eine Steuererklärung abzugeben und die entsprechenden lokalen Steuern zu zahlen. Gleichzeitig ist aber auch in Deutschland eine Steuererklärung abzugeben, in der die ausländischen Kapitalanlageeinkünfte zu erklären sind. Diese fließen anschließend in die inländische Steuerbemessungsgrundlage ein. Allein deshalb empfielt es sich offensichtlich schon, die ausländische Kapitalgesellschaft über eine inländische Kapitalgesellschaft (ca. 30 % Steuersatz im Grundfall) zu halten, statt als natürliche Person (realistischerweise bis zu 42 % Grenzsteuersatz).

Hier kommen in dem Fall, dass die ausländische Tochterkapitalgesellschaft über eine inländische UG & atypisch Still gehalten werden, die üblichen Regelungen zur Anwendung, über die wir hier auf dem Blog schon verschiedentlich berichtet haben. Die Hinzurechnung ausländischer passiver Einkünfte wäre voll mit 15,825 % (inkl. SolZ) körperschaftsteuerpflichtig, während bei der Gewerbesteuer die ersten 24.500 Euro Gewerbeertrag steuerbefreit sind (aber darüber eben Gewerbesteuer in etwa gleicher Höhe anfällt). Die im Ausland gezahlte Steuer kann angerechnet werden. Folglich wird man mit einer niedrigbesteuerten Auslandsgesellschaft im Ergebnis auch nicht schlechter gestellt als mit einer Aktienanlage in einer inländischen Gesellschaft. Aber es hat zumindest steuerlich eben auch keinerlei Vorteile. Sondern zieht im Gegenteil einen wesentlich größeren Aufwand für die Administration der Gesellschaften nach sich.

Anders ist die Situation, wenn man in Deutschland gar nicht mehr steuerpflichtig ist, zum Beispiel weil man fortwährend Reisender (perpetual traveler) und damit nirgendwo steuerpflichtig ist. Das heißt, Auslandsunternehmen für Zwecke der Niedrigbesteuerung lohnen sich vor allem dann, wenn man tatsächlich überhaupt nicht mehr in Deutschland verhaftet ist (und vor allem keine Wohnung mehr hat) und einen globalen Lebensstil pflegt. Hierfür gibt es aber auch die einschlägigen Spezialisten wie beispielsweise den berühmten Staatenlos-Blog. Wir finden, man muss nicht immer gleich auswandern – da gibt es ja gelegentlich emotional aufgeladene Diskussionen -, aber wir finden auch, es schadet nicht, informiert zu sein. 

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Aber auch als digitaler Nomade wird die Welt vermutlich nicht so leicht bleiben, wie sie derzeit ist. Deutschland verhandelt derzeit in der OECD die weltweiten Besteuerungsrechte neu aus. Die Gefahr besteht, dass natürlich Großkonzerne, aber insbesondere auch permanent und damit einkommensteuerfrei reisende Online-Unternehmer in Zukunft wieder lokale steuerliche Anknüpfungspunkte bilden, indem ihnen eine digitale Betriebsstätte im Abnehmer-/Kundenstaat unterstellt wird. Heute schon dürfte klar sein, dass es einen großen Verlierer dieser Verhandlungen gibt und der heißt…Deutschland.

Aufgrund seiner Exportstärke steht zu befürchten, dass Deutschland hier aus schwer nachvollziehbaren Gründen auf Besteuerungsrechte verzichten wird, da eine Besteuerung in Abnehmerstaaten stattfinden soll statt im Wertschöpfungsstaat. Kurioserweise würden wir dann Besteuerungsrechte vor allem an z.B. China abtreten, die nun nicht mehr unbedingt im Verdacht stehen, über eine schwache wirtschaftliche Gesamtverfassung zu verfügen. Im Gegenzug wird Deutschland populistischen Blödsinn wie eine weltweite Zwangsmindeststeuer durchsetzen können. Diese soll zwischen 12 bis 15 % betragen.

Das ist eine fette Kröte selbst für uns, die wir nach wie vor in Deutschland leben, dass man irgendwann nicht einmal mehr aus steuerlichen Gründen wird auswandern können, weil überall substantielle Steuern erhoben werden. Erhoben werden müssen, weil u.a. von Deutschland gefordert. Einem Deutschland, das gegenüber Ländern mit traditionell niedrigeren Steuersätzen regelmäßig in der stärkeren Verhandlungsposition sein wird, z.B. aus Handelsgründen. 

Uns geht es nicht um Steuervermeidung aus Prinzip, sondern darum, im Zweifel überhaupt die Freiheit zu haben, in ein Land ziehen zu können, das keine oder eine geringe Einkommensteuern erhebt. Länder ohne Einkommensteuer sind heutzutage bis auf z.B. die Kaimaninseln natürlich überwiegend Länder, in denen niemand freiwillig leben möchte. Aber die Karibik hat ja doch schon auch etwas für sich. Des Weiteren sind wir der Ansicht, dass Steuerhinterziehung auch auf anderem Wege bekämpft werden könnte, als durch Durchsetzung einer Weltmindeststeuer.

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Obwohl wir also in Deutschland selbst gar nichts von der Mindeststeuer zu befürchten haben, da wir aktuell um ein Vielfaches höher besteuert werden, fühlt es sich für uns an, als ob sich eine Schlinge enger zieht. Allerdings muss man schon ausdrücklich sagen, dass wir das verbreitete ortsgebundene Denken vieler Mitbürger nicht teilen, sondern im Gegenteil wie viele Jüngere örtlich wesentlich flexibler denken als vermutlich vergangene Generationen. Das ist nicht gleichzusetzen mit der Notwendigkeit einer sofortigen Auswanderung. Sondern vielmehr mit einem „man könnte alles, wenn man wollte“. Eine Denkweise, die wir gerne pflegen, da sie bedeutet, sich Handlungsoptionen zu eröffnen und offen zu halten. 

Das Ergebnis ist also: wenn Du in Deutschland lebst und weiter hier leben möchtest, solltest Du den Gedanken einer Auslandsgesellschaft für Aktienanlagen wahrscheinlich lieber schnell wieder verwerfen. Sofern nicht alle Seile gekappt werden, sollte sich der Aufwand nicht lohnen, da er nach geltendem Recht für inländische Steuerpflichtige auch nicht in einer Steuerersparnis resultieren kann. 

 

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Ein Gedanke zu „Zur Frage, ob man für seine Investments nicht einfach eine Auslandsfirma gründen sollte“

  1. Super Artikel! Sehr ausführlich, aber einfach und nachvollziehbar!

    Eine Frage haben ich noch bzgl. der Sparschwein-UG im Ausland. Die „passiven“ Einküfte im Ausland müssen wg. dem Außensteuergesetz hier in DE versteuert werden, aber was ist wenn man erstmal keine Einkünfte generiert bzw. die Gewinne nicht ausschüttet, sondern reinvestiert ?

    Bei einer Vermögensverwaltenden GmBH, wären doch 95% der Gewinne aus Aktienverkauf steuerfrei und man müsste nur die 5% mit ca. 30 % versteuern, natürlich unter der Voraussetzung man tätigt keine Ausschüttungen.

    Und bei einer OÜ in Estland wäre es doch sehr ähnlich, da solange man die Gewinne nicht auschüttet, fallen doch gar keine Steuern an sondern erst bei Auszahlung/Auschüttung mit ca. 20%.

    Wäre super, wenn du das nochmal ausführen könntest! Besten Dank!!!

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