Zum Inhalt springen

Das ist hart: Degiro hat uns das Depot gekündigt! Was heißt das für unsere Sparschwein-UG?

Schon seit einigen Jahren war mehr oder weniger absehbar gewesen, dass Degiro ein Problem im Bereich Geschäftdepots hatte. Und somit wir ein Problem. Mit der Kündigung kulminiert diese Entwicklung nun in der denkbar unschönsten Lösung.

Anzeige

Offenbar hatten wir Mitte 2018 gerade noch Glück damit gehabt, bei Degiro eine wunderbar unkomplizierte und zügige Depoteröffnung zu Privatkundenkonditionen vornehmen zu können. Das ist nun vorbei. Denn wir erhielten am Freitagabend zur besten Feierabendszeit die folgende E-Mail von Degiro:

(…)
aufgrund zunehmender gesetzlicher und regulatorischer Anforderungen an die Customer Due Diligence (CDD) für Geschäftskunden hat DEGIRO im Jahr 2018 die Aufnahme neuer Geschäftskunden gestoppt. Aus den gleichen Gründen haben wir uns als Teil der flatexDEGIRO Gruppe entschlossen, unsere Dienstleistungen für bestehende Geschäftskunden nicht mehr anzubieten. Bedauerlicherweise bedeutet dies, dass wir Ihnen als Geschäftskunde unsere Dienstleistungen nicht mehr anbieten werden.

Der Kundenvertrag zwischen Ihnen und DEGIRO wird beendet. Gemäß Artikel 16.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beträgt die Kündigungsfrist drei Kalendermonate, in diesem Fall also den 31.12.2021. Bis zu diesem Termin können Sie alle Positionen schließen und das Geld auf Ihr Bankkonto auszahlen lassen. Wenn Sie danach noch offene Positionen haben, werden wir Ihre Positionen für Sie schließen und alle Gelder auf Ihr Bankkonto zurücküberweisen.

Da wir verstehen, dass dies keine wünschenswerte Situation ist, werden wir alle Gebühren, die Ihnen bei der Schließung der Positionen in Ihrem Portfolio entstehen könnten, kompensieren, um die Schließung Ihres Kontos zu beschleunigen. Wenn Sie Ihr Portfolio zu einem anderen Broker übertragen möchten, werden wir keine Übertragsgebühren berechnen. Bitte beachten Sie, dass wir nur Übertragsaufträge bearbeiten, die mindestens zwei Wochen vor dem angegebenen Termin bei uns eingehen. Alle Anfragen, die wir nach diesem Termin erhalten, werden nicht bearbeitet.

Auch hier verstehen wir, dass dies für Sie nicht ideal ist und entschuldigen uns für die entstandenen Unannehmlichkeiten.

Wenn Sie weitere Unterstützung benötigen, wenden Sie sich bitte an unseren Kundenservice.

Mit freundlichen Grüßen,

Das ist nun sicherlich für uns die schlechteste aller denkbaren Lösungen. Allerdings ist sie durchaus nachvollziehbar wegen der Unmenge an Regulierung. Regulierung ist dann besonders schlecht, wenn sich führende Broker aus etablierten Angeboten zurückziehen müssen. Laut Brokerexperte.de (deren Kompetenz wir allerdings auf die Schnelle nicht einschätzen können, die aber eine plausible Erklärung liefern) war schon die Einführung von FATCA vor einem Jahrzehnt der erste Schritt zur steuermotivierten Überbürokratisierung, gefolgt 2018 von dem Regulierungsmonster Mifid 2, die uns langerwartete Segnungen bescherte wie die, dass die Audi-Aktie bis zum Squeeze-Out  in 2020 nur noch in 2-Euro-Kursschritten handelbar war.

Anzeige

Dazu kommen auch die ständigen Geldwäschegesetznovellen. Möglicherweise war der Genickbrecher nun, dass Degiro keine eigenständige Firma mehr ist, sondern eine unselbstständige Zweigniederlassung der deutschen Flatex-Gruppe und somit im unmittelbaren Zugriff deutscher Regulierung.

Zwar haben wir FlatexDegiro im Depot und natürlich ist es nur eine Frage der Zeit gewesen, wann Degiro nach Erwerb auf Rendite getrimmt wird. Geschäftskonten verursachen aufgrund der oben genannten Gründe signifikant höheren operativen Aufwand. Allerdings ist uns unklar, warum Flatex das anscheinend bis heute hinbekommt und – derzeit wohl noch – Geschäftskonten eröffnen kann, Degiro als bloß niederländische Zweigniederlassung aber nicht, obwohl es juristisch dieselbe Firma ist.

Die Frage stellt sich nun, was wir tun werden. Wie schon mehrfach angedeutet, wäre eine ideale Alternative ein Firmendepot beim Smartbroker. Smartbroker will laut einem Vorstandsinterview von Ende 2020 wohl weiterhin grundsätzlich Geschäftsdepots anbieten, tut dies aber aus Priorisierungsgründen in der derzeitigen Wachstumsphase nicht. Verständlich, fehlt doch nach wie vor eine adäquate App, was einem in der heutigen Zeit etwas ungläubig den Mund offen stehen lässt. Auch Umgehungskonstruktionen (Treuhanddepot, abweichende wirtschaftlich Berechtigte eines Privatdepots) haben wir angefragt, die aber allesamt von Smartbroker abgelehnt wurden. Wenig überraschend, aber wir wollten es probiert haben.

Degiro hat uns jedoch mit dieser Geschäftspolitik massiv enttäuscht. Wir werden deshalb zukünftig in Gänze nicht mehr Degiro-Kunden sein. Degiro verliert damit ein signifikanten Portfoliobestandsvolumen. Mit der Übernahme durch die Flatex-Gruppe ist ganz offenbar der deutsche Geist, der stets verneint, eingekehrt. Nicht mehr das Zurverfügungstellen des besten Angebots für den Kunden, das Erreichen eines komplexen Ziels unter Überwindung von Hürden, wie es in der Start-Up-Phase von Degiro sichtbar war, steht im Fokus, sondern das Kappen von Unnötigem. Nicht einmal versucht wurde, ein anderes Preis-/Leistungsverzeichnis zugrundezulegen, was belegt, wie teuer die operativen Kosten im geschäftlichen Bereich sein müssen. Allerdings sind auch in der heutigen Zeit sämtliche Compliance-Vorgänge im Wesentlichen Wenn-Dann-Logiken und Datenvergleiche. Dass das nicht automatisierbar gewesen sein soll, bezweifeln wir, denn auch im Geschäftsdepotbereich ist die Komplexität auf einen bestimmten Bereich begrenzt.

Anzeige

Smartbroker bietet jedenfalls auch in (durch uns erlangte) Kenntnis der Degiro-Aktion in naher Zukunft keine Geschäftskonten an. Ein Zeitraum konnte uns jedenfalls auf unsere mittlerweile schon routinemäßige periodische Nachfrage nicht genannt werden. Für Q1/2022 ist auch erstmal die App vorgesehen und vorher erwarten wir nichts. Allerdings ist die App schon seit Jahren angekündigt.

Wir werden für nichtdeutsche Aktien aller Voraussicht nach auf Interactive Brokers (entweder das Original oder einen seiner unzähligen Ableger – Empfehlungen unserer Leser sind gerne willkommen, gerne mit Begründung 😉 ) umsteigen. Etwas, das wir bisher vermeiden wollten, weil das Interface wesentlich unübersichtlicher ist, als das von Degiro. Konditionenmäßig (Handelsgebühren und Wertpapierkreditzinsen) sollte sich der Ärger in Grenzen halten, im Gegenteil erreichen wir durch das erweiterte Handelsuniversum nun auch Titel, die uns bisher bei Degiro nicht zugänglich waren und haben somit eine theoretisch erweiterte Renditechance.

Es ergeben sich nun möglicherweise auch bilanzielle Fragestellungen bei unserer Sparschwein-UG, da sich möglicherweise die Umrechnung von Fremdwährungen ändert. Bei Degiro haben wir bisher die Auto-FX genannte automatische Umrechnung genutzt.

Auch die steuerliche Komponente der Übertragung des Bestands müssen wir uns nun ansehen, um möglichst keine unnötigen Steuern auszulösen. Der Verkauf und Neukauf ist hoffentlich nicht notwendig.

Anzeige

Und operativ stellt sich die Frage der optimalen Transferierung unter Beibehaltung der Fremdfinanzierung, also des Wertpapierkredits. Eine Kredittilgung sollte jedenfalls keine Option sein.

Für deutsche Aktien streben wir aus Gründen, die wir in einem separaten Artikel noch erläutern werden, einen deutschen Broker an. Allerdings ist das Angebot bekanntlich rar, solange Smartbroker inaktiv bleibt. Comdirect und Flatex sind wohl die nächstattraktiven Broker, wobei Flatex ja die Wurzel des ganzen Übels ist und man auch da nun gar nicht weiß, ob und wie lange es dort noch Geschäftskonten gibt.

Letztlich folgt Flatex aber auch nur den staatlich gesetzten Fehlanreizen. Statt mit professionellen Kunden werden die Broker aufgrund der Überregulierung in das Geschäft mit den Gamestop-Lemmingen und den Trade-Republic-Gamern gedrängt, seit Mifid 2 kann man in Europa keine amerikanischen Fonds und Sonderwertpapiere kaufen, amerikanische LP-anteile sind bei Clearstream nicht mehr lagerfähig, ein Handelsabkommen mit der Schweiz existiert immer noch nicht, sodass schweizer Aktien an deutschen Börsen nicht gehandelt werden dürfen. Die heutige Kapitalmarktwelt ist eine schlechtere, eine eingeschränktere, und verschuldet wurde dies durch eine träge, bürokratische EU und jahrelange finanzmarktpolitische Lethargie sowie politischem Desinteresse an breiter Vermögensbildung in Deutschland.

Zu überlegen ist, ob dieser ganzen „Verbraucherschutz“-Regelungen, ob man nicht ein Depot im Nicht-EU-Ausland eröffnet, um mit den Füßen abzustimmen. Freilich wohl ohne größere Auswirkung.

Die Depotkündigung ist im Ergebnis also außerordentlich ärgerlich. Für unsere Sparschwein-UG geht es aber trotzdem weiter, eben mit anderen Brokern. Von unseren Lesern dürften allerdings die wenigstens Vv-GmbH-Betreiber selbst betroffen sein, da Degiro ja auskunftsgemäß bereits in 2018 die Neueröffnung von Depots eingestellt hat und es unseren Erfahrungsbericht in E-Book-Form ebenfalls erst seit Ende 2018 gibt. Es sei für die Leser des E-Books ergänzt, dass sich die bisher schon praktisch nicht umsetzbare Empfehlung für ein Geschäftsdepot bei Degiro ab sofort erledigt hat. In einer überarbeiteten Fassung der Sparschwein-UG (die nicht vor 2022 zu erwarten ist) werden wir unsere derzeitige Umgestaltung – neben vielen weiteren Änderungen und Themen – berücksichtigen und einarbeiten.

Anzeige

Dieser Artikel erschien zuerst im Mitgliederbereich der Sparschwein-UG Betriebsbesichtigung.

Teile diesen Artikel, wenn er Dir gefallen hat oder er auch für andere hilfreich sein könnte! Wir freuen uns auch über jeden Gefällt-Mir-Daumen oder abonniere einfach unsere Facebook-Seite.

Eine 95%ige Steuerbefreiung für Aktiengewinne und eine Steuersatzsenkung auf 15 % für Dividenden klingen wie Musik in Deinen Ohren? Wenn Du Dich für das Thema Aktienanlage in Kapitalgesellschaften interessierst und mehr darüber erfahren möchtest, ist unser Buch Die Sparschwein-UG oder die Sparschwein-UG Betriebsbesichtigung vielleicht das Richtige für Dich! Tritt auch gerne unserer Facebook-Gruppe bei und tausche Dich mit Gleichgesinnten aus!

8 Gedanken zu „Das ist hart: Degiro hat uns das Depot gekündigt! Was heißt das für unsere Sparschwein-UG?“

  1. Habe letzte Woche bei IAB direkt ein Konto eröffnet, und direkt wieder geschlossen. Auf mein Guthaben musste ich 3 Tage warten weil es geblockt war. Die Eröffnung klappte nur durch Tricks weil das Formular die Straße meines Arbeitgebers nicht kannte. Die ganze Optik und Verwaltung ist…..naja, man findet Aktien nur über Tickersymbole, ISIN kennt das Ding nicht, aber dann gibt es Abkürzungen für die Börsen die ich noch nie gehört habe.
    Will man eine Order ausführen bekommt man nicht mal angezeigt welche Kosten ca. entstehen.
    Also ne sorry, vielleicht dann mal die deutschen Ableger testen (Lynx), wobei da die Ordergebühren leider wieder höher sind.

    Grüße

  2. Ich bin (privat allerdings) mit IB sehr zufrieden. Der Depotübertrag war kostenlos und ging Gefühl schneller als zwischen zwei deutschen Brokern (ca. anderthalb Wochen). Besonderheit: Bei IB kauft man Papiere zu 99% an der Heimatbörse, ansonsten an der Stelle des Zweitlistings. Beim Übertrag werden aber die Handelsplätze 1:1 übernommen, obwohl man an diesen Plätzen gar nicht über IB kaufen kann (z.B. Tradegate).

    Finnische Aktien sind bei IB nicht handelbar (in Helsinki) – deswegen musste ich einen finnischen Titel mal zurücktransferieren – hatte steuerliche Probleme (30% Pauschalabzug), konnte aber mit der nächsten Steuererklärung wieder korrigiert werden.

    GANZ WICHTIG: In der Heimatwährung das Konto eröffnen!! Dann werden die FX-Angelegenheiten im Reporting schon automatisch umgerechnet. Für mich ist es glaubwürdiger, dass IB das macht, als wenn ich das selber machen sollte. 🙂

    Grüße und viel Erfolg

  3. Hallo.
    wir sind einer der glücklichen, die ein Geschäftsdepot bei Smartbroker bekommen haben. Fremdwährungsproblematik haben wir bei Dividenden von US Aktien. Das größte Ärgernis ist allerdings, dass kein Wertpapierkredit seitens SB für juristische Personen angeboten wird. Auch werden die US Aktien in Street Name gehalten, so dass eine Teilnahme an einer HV aktuell nicht möglich ist.
    Sollte es eine Finanztransaktionssteuer kommen ist das natürlich auch ärgerlich.

    Laut Ride.Capital sind bei IB direkt die Umrechnungskurse falsch(da nicht von der EZB) und FIFO wäre nicht korrekt abgebildet.
    Ob die deutschen Ableger (Banx, Captrader, FXFlat, Lynx), dass „richtig“ weiß ich nicht, allerdings sind die auch recht teuer.

    IB hat wohl einen Client für das Smartphone, aber keinen Webclient für ein juristische Person.

    Also alles in allem nicht optimal. Mich würden aber Eure Erfahrungen interessieren.

    vg alex

  4. Pingback: Das wurde woanders geschrieben – Woche 38/2021 › Fuseboroto.info

  5. Gestern hat Degiro sein neues Preis-/Leistungsverzeichnis veröffentlicht. Wenn ich das korrekt lese, dann werden die Kosten für den Debit-Kredit ohnehin auf 3% ab dem 1.11.21 erhöht. Das ist natürlich ein echter Schlag für die Leute, die Zinsen steuerlich nicht gegenrechnen können.

    Ich kann verstehen, dass das gerade Echt ärgerlich für Euer Team ist und bleibe nun gespannt, für welchen neuen Broker Ihr Euch entscheidet.

    Viele Grüße
    Stefan

    1. Hi Stefan,
      Danke für Deinen Kommentar – haben den Ball heute gleich aufgenommen mit einem neuen Artikel.
      Beste Grüße

    2. Servus,
      geht zu Interactive Brokers & macht euch ein Margin Konto. Dann habt ihr den Wertpapier Kredit bereits mit drin, Zinsen sind denke ich bei 1,5% oder etwas weniger.

      Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Atypisch Still