Wir alle kennen das: alle paar Jahre wird eine neue Sau durchs Investmentdorf getrieben. Da sind es CfDs in Kombination mit Charttechnik im einen Jahr, dann P2P-Kredite im anderen Jahr, Crowd-Investing in Immobilien in einem weiteren und schließlich Kryptowährungen. Die wenigsten schaffen es, dauerhaft bei den Investment-Modethemen dabei zu bleiben. Mittlerweile ist es Gold, der drohende Crash, ja sogar das monetäre Endspiel. Wir haben natürlich eine klare Positionierung dazu.
Und vorweg der übliche Disclaimer: wenn Du genau die Investitionsweise gefunden hat, die zu Dir passt, in die Du dich eingearbeitet hat, mit der Du im täglichen Leben gut klarkommst und ruhig schlafen kannst, dann ist das perfekt. Es gibt daran dann nichts zu bemäkeln und nichts zu belehren. Mit vielen Investments lassen sich gutes Geld verdienen. Letzteres sollte dann aber natürlich über kurz oder lang auch so sein.
Wir beobachten allerdings, dass Einsteiger heutzutage mit der Vielzahl an Möglichkeiten überfordert sind und vor allem die nötige Wissensbasis fehlt. Jede Geldanlage lässt sich im Kern auf die beiden Urformen des Investierens zurückführen: entweder jemand erwirbt Eigentum an etwas oder jemand verleiht Geld. Es ist die Unterscheidung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Zwischen Beteiligung und Kreditvergabe. Es gibt auch Zwitterformen dazwischen, aber Privatanlegern offerierte Anlagen werden immer relativ eindeutig einer der beiden Kategorien zugeordnet werden können.
Eigentum an etwas, das kann also zum Beispiel das Immobilieneigentum sein oder das Eigentum an Rechten (beispielsweise Patente oder Urheberrechte) oder aber das Eigentum an Mitgliedschaftsrechten an einem Unternehmen. Letzteres ist dann besser bekannt unter Gesellschaftsanteilen wie zum Beispiel GbR-, GmbH- oder Aktienanteilen. Die Liste ist selbstverständlich nicht abschließend. Während man sich mit Beteiligungen an Unternehmen an der potentiell explosiven Renditekraft intellektuellen – oder wenn vorhanden auch finanziellen – Kapitals beteiligt, dürfte ein großer Teil der Monetarisierung von Eigentumsrechten darin bestehen, Sachwerte gegen ein im Vergleich zur Unternehmerrendite vergleichsweise limitiertes Entgelt zur Nutzung zu verleihen.
So beispielsweise bei Immobilien, deren Nutzung des Rauminhalts vermietet wird, oder Pipeline-Unternehmen, bei denen die Nutzung der Pipeline monetarisiert wird oder Mautstraßeneigentümer, bei denen die Nutzung der Mautstraße verkauft wird. So aber auch bei im Eigentum befindlichen Wald- und Ackerflächen, die einem Forstbetrieb oder einem Landwirtschaftsbetrieb zur Nutzung verpachtet werden. Es ist offensichtlich, dass man bei einer Mautstraße nicht jeden Preis verlangen kann und dass man für die Nutzung einer Waldfläche ebenfalls nicht jeden Preis verlangen kann. Selbstverständlich steigen aber die Nutzungsentgelte über die Zeit, wie es derzeit beispielsweise bei Mietpreisen zu sehen ist.
Im Kern hebt die geldpolitische Flut unseres Erachtens sämtliche Boote grob im Bereich der Geschwindigkeit der Ausweitung der Geldmenge. Das Geldmengenaggregat M3 steigt derzeit mit einer Wachstumsrate von knapp 6 % pro Jahr. Abzulesen ist das vor allem bei Vermögenspreisen. Die wesentlichen sogenannten Sachwerte steigen wesentlich schneller im Preis, als zum Beispiel die für die öffentliche Inflationsrate relevanten Verbrauchsgüter oder die Nutzungsentgelte für Sachgüter. Wie der Widerspruch aufgelöst wird, steht aus heutiger Sicht durchaus in den Sternen. Sinken also die Vermögenspreise, um das Verhältnis zu den Nutzungsentgelten wieder zu normalisieren oder steigen umgekehrt die Nutzungsentgelte (z.B. Wohnungsmieten)?
Die Situation erscheint aktuell einigermaßen festgefahren. Die Inflation zieht mangels Wachstums nicht an und dementsprechend haben die Notenbanken rund um den Globus wenig Veranlassung, das allgemeine Zinsniveau zu heben. Die Schere zwischen exorbitanten Vermögenspreissteigerungen für diejenigen, die entsprechende Sachwerte haben haben, und der allgemeinen Nullzinsrendite für die große Masse geht bis auf Weiteres weiter auseinander.
Aus dieser in vielerlei Hinsicht fragil und unsicher erscheinenden Situation versuchen nun neuerdings Heerscharen von Scharlatanen Kapital zu schlagen. Angst verkauft sich gut und viele Einsteiger wissen noch nicht aus eigener Erfahrung, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Nichts ist bei der Geldanlage so wichtig, wie die Emotionen beobachten, bewerten und kontrollieren zu lernen. So setzt sich beispielsweise einer der einschlägig bekannten Buchautoren in eine Polit-Talk-Show und schwadroniert vom kommenden Crash, den er zeitlich auch gleich festlegen kann:
Die Prophezeiung des „größten Crash aller Zeiten“ und die Verortung Deutschlands im „monetären Endspiel“ disqualifiziert aus unserer Sicht bereits rhetorisch. Leider scheint es keine größere Interessengruppe zu geben, die sich öffentlichkeitswirksam mit Macht gegen die ubiquitäre Crash-Propaganda stellen möchte. In der gezeigten Talk-Show versucht es DIW-Chef Marcel Fratzscher (an dem normalerweise durchaus auch das ein oder andere zu kritisieren wäre, der hier aber als unterstützenswerte Stimme der Vernunft auftritt) mit Argumenten in der Sache und stößt leider nur auf ungefähr die Diskussions(un)kultur der Neuparteien im Bundestag. Das permanente Unterbrechen des Redenden und die süffisante Arroganz sollte in normalen Zeiten eigentlich den verständigen Zuschauer stutzig machen. Un-er-träg-lich.
Aber auch in der Crash-, und wenn man so will, Finanz-Prepper-Blase im Internet hat es sich unangenehm verfestigt, die gezeigten Buchautoren als ernstzunehmende Diskursteilnehmer anzuerkennen, worin auch schon das ganze Grundübel zu sehen ist. Finanzkanäle mit großer Breitenwirkung, wie z.B. das von uns ebenfalls ab und zu konsumierte Mission Money auf Youtube, verbreiten derlei Pseudowissenschaft gescheiterter BWL-Absolventen durchaus gerne, da es sich gut verkaufen lässt und viele Klicks generiert. Mission Money (eine Tochter von Focus Money) wird sich schon auch entgegenhalten lassen müssen, dass sie eine Mitveranwortung tragen, der sie mangels sofortiger Entzauberung der gezeigten Crash-Propheten bei dem vermutlich großen Einsteigeranteil unter den Zuschauern nicht gerecht werden.
Steigerungen dazu sind fast nur noch in der Diskussion mit ehemaligen Hedgefonds-Managern zweifelhaftesten Rufs oder mit sogenannten Wissenschaftlern zu sehen, die die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Crashs auf ein Quartal des Jahres 2020 eingrenzen wollen. Es ist auch im Investmentbereich offensichtlich an der Zeit dazu aufzufordern, Mut zu haben und sich seines Verstandes zu bedienen. Der Anleger muss in die Lage versetzt werden, seriös von unseriös unterscheiden zu können.
Problematisch ist, dass die Crash-Propheten und mit Ihnen die Finanzboulevardmedien zu einem späteren Zeitpunkt wahrscheinlich der Ansicht sein werden, dass sie einen dann eingetretenen Crash hätten kommen gesehen. Crashs sind aber etwas vollkommen Natürliches im Kapitalismus. Nichts daran ist schlecht, es bereinigt die Dinge, es bringt sie wieder in vernünftige und stabilere Verhältnisse. Aber den kommenden Crash unausweichlich als Endspiel, als Schlussakt des Euros hinzustellen, widerspricht der historischen Wahrheit, dass der Kapitalismus trotz aller Totsagungen nicht untergeht, sondern sich nur immer wieder neu erfindet. Die Crash-Propheten werden hoffentlich krachend scheitern.
Eine wohltuende Alternative zu dem angeführten Personenkreis ist zum Beispiel Andreas Beck, seines Zeichens Gründer des Münchner Instituts für Vermögensaufbau und jetzt Geschäftsführer der Vermögensverwaltungsgesellschaft Index Capital. Wir können folgendes Interview mit ihm sehr empfehlen (bitte die Bild-zeitungshafte Aufmachung des Videos entschuldigen!), aus dem auch hervorgeht, warum Privatanleger bei dem Versuch, selbst an Kreditforderungen (P2P, Immobiliennachrangdarlehen …) zu verdienen, systematisch im Nachteil sind:
Ebenfalls empfehlenswert sind seine Ausführungen zu den Nebenwirkungen einer ultraexpansiven Geldpolitik:
Zum Schluss noch das aktuellste Beispiel:
Kein Schreihals, kein Ins-Wort-Fallen, eine ruhige, sachliche und analytische Art und Ausstrahlung. Schon das ist wohltuend. Dazu eine Vorgehensweise, die sich sehr an der Realität und an der Ist-Situation orientiert, statt einer marktschreierischen und – für einen Doktor höchst unwissenschaftlich – unerschütterlich unterstellten Zwangsläufigkeit von ökonomischen Wenn-Dann-Ketten, die zu einer fiktiven Zukunft führen, die niemand kennen kann. Jemandem wie Beck kann man immerhin zuhören, weil er sich nicht sofort durch Rumpelgestilze disqualizifiert. Man muss nicht in jedem Punkt einer Meinung sein mit ihm. Aber er dürfte fraglos zum Kreis der ernstzunehmenden Diskutanten gehören. Außerdem nimmt man ihm ab, dass er nicht auf Mission unterwegs ist.
Wir hatten die Benachteiligung von Privatanlegern bei dem Versuch der Investition in Kreditforderungen schon kurz angesprochen. Nicht nur, dass es bei den einschlägigen Portalen immer wieder Probleme mit Kreditoriginatoren gibt (Eurocent, Aforti…), sodass sich etwaige Rückkaufgarantien als Luftblase herausstellen, nein, auch die Unkenntnis, dass man bei Immobilien-Crowdinvesting oder Startup-Finanzierungen eben nicht beteiligt ist, sondern lediglich nachrangig Geld an die entsprechenden Firmen verleiht ist unseres Erachtens von vielen sogenannten Investoren bislang nicht verinnerlicht worden. Gier frisst Hirn, das war schon immer so. 6 oder 7 % sind ja auch verlockend. Bei Exporo platzen jetzt die ersten Luftblasen.
Aber in einer Zeit, in der selbst Junk-Anleihen in den negativen Renditebereich rutschen, muss man sich grundsätzlich einmal fragen, welche Kreditqualität hier an Privatanleger immer noch zu 6 oder 7 % verkauft wird. Mit Sicherheit ist es nicht so, dass der Anleger hier „profitiert“. Wäre das so, würden das Geschäft Institutionelle und Banken machen. Tun sie aber nicht. Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, die Kreditnehmer sind lediglich „noch nicht“ ausgefallen. Noch nicht, weil Geld nichts mehr kostet. Das wollen sicherlich viele Crowdinvestoren und P2P-Junk-Investoren nicht hören. Aber sicher weiß ein Großteil nicht einmal, dass sie lediglich mittels Nachrangdarlehen im Kern auf Kreditrückzahlung spekulieren, statt an Immobilien und von unterbewerteten Bonitäten zu profitieren.
Fazit
Im Ergebnis stellen wir für uns – die Meinung kann man teilen oder nicht – fest, dass eine Investition in Fremdkapitalinstrumente keine Investition ist, sondern mittlerweile in der Regel eine Spekulation. Jedenfalls für den Bereich, in dem es jetzt noch substantielle Zinsen gibt. Im restlichen Bereich ist es keine Investition, weil eine Investition zukünftige Einnahmeüberschüsse erwarten lassen müsste, die es im sicheren Kreditbereich nicht mehr gibt.
Dazu die alte Weisheit, dass Gold keine Zinsen zahlt, die Behauptung, dass Krypto eine inhaltsleere Blase für Geldwäscher und Kriminelle ist und die Tatsache, dass Immobilien in München negative Einstandsrenditen aufweisen, wenn man Kosten, Steuern und Inflation abzieht. Eine Wette auf Wertsteigerung, eine Wette auf ein weiteres wertmäßiges Aufschwimmen mit der ausgeweiteten Geldmenge.
Es bleiben nur noch Aktien für eine langfristige Investition übrig und Aktien sind das Mittel für eine Investition in unternehmerisches Engagement. Ob sich dieses Engagement nun im trägen Blue-Chip-Konzern manifestiert, im agilen Familienunternehmen oder im innovativen und hungrigen Start-up. Unternehmerisches Engagement ist die einzige Anlageklasse, die noch substantielle Renditen aus sich selbst heraus und nicht lediglich aufgrund Preissteigerungen infolge der Niedrigzinsen liefern kann. Eigentum siegt über Kredit. Unternehmertum siegt über asset inflation. Die Aktie ist die Lösung:
Dazu kommt die besondere steuerliche Begünstigung von Aktien in Deutschland, die aber in der Breite kaum bekannt ist. Mitnichten ist die Abgeltungsteuer ein unentrinnbares Gefängnis, wenn man bereit ist, das eigene intellektuelle Kapital zu monetarisieren und sein Depot im Gesellschaftsmantel zu führen. Aktienanlagen können nämlich alternativ, wie wir mit unserer Sparschwein-UG vorleben, mit einem Steuersatz zwischen 0,75 % auf Veräußerungsgewinne und 15,8 % auf Dividenden bei vollem Werbungskostenabzug betrieben werden. Wie das geht, steht in unserem Buch Die Sparschwein-UG.
Auf die Marktschreier, die überspitzt gesagt zum Einstieg in Gold, Ackerflächen und Dosenfleisch raten, sollte man jedenfalls nicht hören. Die harte Keule der ökonomischen Realität hat sich denn auch in der Performance seit Auflage niedergeschlagen. Es ist uns unglaublich lästig, uns überhaupt mit diesen Personen befassen zu müssen, aber die Öffentlichkeitswirksamkeit der Crash-Propheten ist derzeit überwältigend. Eine Stimme von uns dagegen! Die Welt wird 2020 nicht untergehen.
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Guten Tag! Ein sehr schöner Beitrag. Schöner Schreibstil.
Danke
Hallo.
Guter Artikel. Teilweise.
Ich finde die Crash-Propheten auch nicht gut. Wenn mir jemand erzählt dass in wenigen Jahren der Euro und die EU schon Vergangenheit sind und wir in Deutschland wieder in eine Diktatur schlittern (könnten!), dann halte ich das für ziemlichen Quatsch. Eine Korrektur oder ein Crash ist natürlich immer möglich. Immer bedeutet aber immer. Niemand kann das kommen sehen.
Was mir jedoch nicht gefällt ist diese einseitige Betrachtung. Auch diese Crash-Propheten bringen Argumente und Anhaltspunkte über die man Diskutieren kann. Dieser Artikel ist für mich nur so ein „Anti-Statement“. Kann man machen, muss man aber nicht. Setzt euch lieber mit den Argumenten der Gegenseite auseinander, dann hat der Artikel auch einen Mehrwert für den Leser.
Hallo,
Passt zwar net zum Thema, aber hab heut Benachrichtig von degiro bekommen dass flatex degiro übernehmen wird…
Wird es für euch Konsequenzen haben?
Meint wird es Konsequenzen für Wertpapierkredit haben?
Werder Ihr euch Plan B überlegen?
Hallo Dimi,
grundsätzlich gefällt es uns nicht, wenn der bestimmende Geist an der Spitze des Brokers vom ambitionierten innovativen Gründergeist wechselt hin zur deutschen Hochpreisunkultur. Allerdings hat Flatex bislang nichts Negatives verlauten lassen, sodass wir keine kurzfristigen Konsequenzen erwarten. Beim Wertpapierkredit darf man nicht vergessen, dass Degiro damit derzeit eine – für den Bereich besicherter Kredite – Traummarge von über 1,5 % verdient. Wie Degiro auch immer richtig sagte: nicht Degiro ist so günstig, sondern alle anderen sind viel zu teuer.
Im Ergebnis ändert sich für uns nichts, wir hätten uns natürlich trotzdem einen anderen Neueigentümer gewünscht.
Pingback: Propaganda-Style: Crash-Propheten. - Atypisch Still
Am Besten hört man nur auf Millionäre und nicht auf Bankberater 😀