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Equity Story: Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft AG

(aktualisiert am 15.03.2018 wegen Veröffentlichung des Geschäftsberichts 2017)

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Nachdem wir bereits beim letzten Mal die Versicherungsbranche hatten, geht es in dieser Equity Story mit der Aktie der Munich Re alias Münchner Rück in die Rückversicherung.

Wir gehen davon aus, dass sich der Erfolg einer Investitionsentscheidung nicht unmittelbar aus umfangreichen Kennzahlenanalysen oder dem Studium der Fußnoten im Geschäftsbericht ergibt. Sondern vielmehr aus dem Verständnis des Geschäfts des Unternehmens, den damit zusammenhängenden evtl. bestehenden komparativen Vorteilen des Unternehmens sowie aus dem Verständnis der Angreifbarkeit des Geschäftsmodells. Die Werte des Atypisch-Still-Portfolios wollen wir deshalb primär geschäftsmodellzentriert vorstellen. Die zahlenmäßige Vergangenheit hat nämlich für die zukünftige Geschäftsentwicklung im Wesentlichen indizielle Bedeutung, während die Zukunft inhärent nicht vorhersagbar ist. Die bestmögliche Prognose ist darum auch diejenige, die sich das Unternehmen selbst als Ziel setzt. Wir versuchen deshalb, nicht schlauer sein zu wollen als die Geschäftsführung selbst. Frei nach Buffett suchen wir Unternehmen mit einem so guten Geschäftsmodell, dass selbst ein Idiot sie führen kann, weil genau das früher oder später passieren wird.

Üblicherweise halten wir Unternehmensanteile von Firmen, die eine gesellschaftliche Tendenz bedienen oder nachgefragte Notwendigkeiten anbieten. Diese dem Unternehmenserfolg zugrundeliegende und die Investmentthese tragende Grundströmung wollen wir im Wesentlichen herausarbeiten und darstellen. Primärquellen sind dabei der Risiken- & Chancenbericht des Unternehmens selbst sowie insgesamt die (ungefilterte) Unternehmenskommunikation. Daneben spielt auch das Auszahlungsprofil in der Darstellung eine bedeutende Rolle, da hieraus frei verfügbare Einnahmen resultieren und Einnahmen bedeuten neue Möglichkeiten.

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Das Unternehmen:

Munich Re, so der selbst gegebene neue Name, ist einer der weltweit führenden Risikoträger und kombiniert Erst- und Rückversicherung unter einem Dach. Auf diese Weise kann die Gruppe auf dem Markt der Risiken weite Teile der Wertschöpfungskette abdecken. Nahezu alle Rückversicherungseinheiten treten unter der einheitlichen Marke Munich Re auf. Die ERGO Group AG (ERGO) engagiert sich in fast allen Zweigen der Lebens-, Kranken- sowie der Schaden- und Unfallversicherung. Die weltweiten Kapitalanlagen von Munich Re werden von der MEAG betreut, die ihre Kompetenz auch privaten und institutionellen Anlegern außerhalb der Gruppe anbietet.

Die Rückversicherung betreibt Lebens- sowie Schaden- und Unfallrückversicherungsgeschäft. Ferner werden hier die spezialisierten Erstversicherungsaktivitäten, soweit sie von der Rückversicherungsorganisation gesteuert werden, ebenso wie Zeichnungsagenturen (Managing General Agencies, MGA) erfasst. In der Rückversicherung wird mit mehr als 4.000 Firmenkunden aus über 160 Ländern zusammengearbeitet.

Als Rückversicherer zeichnet Munich Re das Geschäft im direkten Kontakt mit Erstversicherern, über Makler und zunehmend im Rahmen exklusiver, strategischer Partnerschaften. Neben dem traditionellen Rückversicherungsgeschäft beteiligen sie sich auch an Versicherungspools, Public Private Partnerships sowie an Geschäft in spezialisierten Nischensegmenten auch als Erstversicherer. Den Kunden im Industrie- und Großprojektgeschäft wird mit dem Leistungsfeld Risk Solutions ein breites Spektrum an Spezialprodukten, maßgeschneiderten Versicherungslösungen und Services angeboten. Diese Aktivitäten werden aus der Rückversicherung heraus gesteuert. Die Kunden erhalten damit direkten Zugang zu Expertise, Innovationskraft und Kapazität eines weltweit führenden Risikoträgers. Aufgrund ihres Knowhow im Kapitalmanagement ist Munich Re ein gesuchter Ansprechpartner für Angebote, die auf die Anforderungen an Bilanz-, Solvenz- und Ratingkapital sowie auf die Risikomodelle unserer Kunden abgestimmt sind.

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Der zweite Pfeiler von Munich Re ist das Erstversicherungsgeschäft.

Die ERGO Versicherungsgruppe hat 2016 eine neue Unternehmensstruktur erhalten. Unter dem Dach der neu firmierten ERGO Group AG agieren drei separate Einheiten, in denen jeweils deutsches, internationales sowie Direkt- und Digitalgeschäft gebündelt werden. Zusätzlich zur bestehenden ERGO International AG wurden 2016 zwei neue Holding-Gesellschaften gegründet: Die ERGO Deutschland AG bündelt das traditionelle Deutschlandgeschäft. Die ERGO Digital Ventures AG als dritte Säule ist für alle Digital- und Direktaktivitäten der Gruppe einschließlich der ERGO Direkt Versicherungen zuständig. Bei ERGO Digital Ventures wird ab 2017 wegen der wachsenden Bedeutung automobiler Finanzdienstleistungen der neue Geschäftsbereich „ERGO Mobility Solutions“ verantwortet.

Über ERGO werden Produkte in allen wesentlichen Versicherungssparten angeboten: der Lebensversicherung, der deutschen Krankenversicherung, nahezu sämtlichen Zweigen der Schaden- und Unfallversicherung, der Reiseversicherung sowie der Rechtsschutzversicherung. In Kombination mit Assistance- und Serviceleistungen sowie einer individuellen Beratung decken wir den Bedarf von Privat- und Firmenkunden. ERGO betreut über 35 Millionen überwiegend private Kunden in mehr als 30 Ländern, wobei der Schwerpunkt auf Europa und Asien liegt.

Warum dieses Unternehmen?

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Die Münchner Rück ist vor der Swiss Re und der Hannover Rück der größte Rückversicherer der Welt. Aufbauend auf der Argumentation bei der Allianz sehen wir eine stabile bzw. wachsende Nachfrage nach Rückversicherungsleistungen, solange es eine solche Nachfrage nach Erstversicherungsleistungen gibt. Die Münchner Rück vereint sogar beides unter einem Dach.

Die ERGO hatte im Zuge der Budapest-Affäre zeitweise recht schlechte Presse, was mittlerweile aber bei den meisten (insbesondere Kunden) in Vergessenheit geraten sein dürfte. Mittlerweile sticht die ERGO im Gegensatz dazu bei Vergleichstests immer wieder mit sehr guten Leistungen heraus. Das Image ist für uns ein wesentlicher Bestandteil der Einschätzung. Die ERGO macht unseres Erarchtens auch im Bereich TV-Werbung einen guten Job – „Liebe Versicherungen, was ist eigentlich schief gelaufen zwischen uns?“.

Allgemein gilt wie bei unserer Allianz-Einschätzung:

Versicherungsaktien sind in den letzten Jahren nicht unbedingt einfache Investments gewesen. Vereinfacht gesagt, nehmen Versicherungen Geld in Form von Versicherungsbeiträgen von den Kunden ein, legen das Geld am Kapitalmarkt an und hoffen, dass nach Abzug der Auszahlungen bei Schadensfällen insgesamt ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben verbleibt. Durch die Niedrigzinsphase wird es für Unternehmen mit einem solchen Geschäftsmodell schwierig, Überschüsse am Kapitalmarkt zu erwirtschaften, vor allem, wenn vorrangig in Anleihen angelegt wird und die Schadenssummen tendenziell nicht kleiner.

Grund für dieses Unternehmen war aber eben auch gerade die These einer antizyklischen Beteiligung. Den USA kann man mittlerweile schon eine länger währende Zinsanhebungsphase attestieren. Die 10-jährigen US-Anleiherenditen, die aktuell als Zinsentwicklungsindikator auf der medialen Bühne stehen, liegen bei knapp 3% und damit so hoch wie seit Jahren nicht mehr. In Europa scheint selbst Griechenland die Wende geschafft zu haben. Die Spannweite der Spekulationen, wann die EZB die Zinsen anhebt, reicht von Ende 2018 bis Ende 2019. Man kann in Deutschland bereits einen zaghaften Anstieg der Baufinanzierungszinsen sowie der 10-jährigen Bundesanleihenrendite beobachten. Somit stehen wir voraussichtlich vor einem synchronen Zinsanhebungszyklus der größten Währungsräume der Welt. In diesem Umfeld langsam steigender Zinsen sollte es auch für Geschäftsmodelle wie das der Münchner Rück tendenziell wieder leichter werden, Kapitalmarktüberschüsse zu erzielen.

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Die Aktienquote der Munich Re stieg einschließlich aktienbezogener Derivate zum 31.12.2017 auf 6,7 % (31.12.2016: 4,9 %). Der größte Teil der Kapitalanlagen zu Marktwerten lag mit rund 86 % weiterhin bei festverzinslichen Wertpapieren, Darlehen und kurzfristigen festverzinslichen Anlagen. Einwenden könnte man, dass steigende Zinsen niedrigere Anleihekurse zur Folge haben, die dann zu größeren Verlusten im Anlagebuch führen. Wir gehen aber davon aus, dass dieses Risiko angemessen abgesichert ist, da es das offensichtlichste Risiko ist. Eine Folgefrage hieraus wäre unter makroökonomischen Stabilitätsgesichtspunkten, wer denn im Gegenzug diese enormen Risiken aus steigenden Zinsen auf sein eigenes Buch nimmt und wie man verhindert, dass sich die Risiken an anderer Stelle im Finanzsystem konzentrieren.

Risiken kommen auch aus der Digitalisierung der (Erst-)Versicherungsbranche, vorliegend also der ERGO. Dazu muss man aber sagen, dass sog. Fin-Techs oft nur die Vermittlung der Dienstleistung angreifen, weniger das Produkt an sich, da nachvollziehbarer Weise schon aufgrund des Aufsichtsrechts eine extreme Markteintrittsbarriere besteht und dieses nicht zu schlanken, effizienten, schlagkräftigen Start-Ups passt. Die Münchner Rück gilt bereits jetzt als Vorreiter im Bereich der Digitalisierung.

Daneben war 2017 ein Jahr mit vielen Naturkatastrophen, das die Münchner Rück hart getroffen hat. Das ist jedoch nicht das Ausschlaggebende. Die Rückversicherungsbranche leidet seit Jahren unter Wettbewerbsdruck. Die Münchner Rück hat sich dafür entschieden, durch Kostensenkungen wettbewerbsfähiger zu werden. Das halten wir tendenziell für einen höchstens komplementären Ansatz zu Maßnahmen auf der Produkt- und Vertriebsseite. Es ist aber zu beachten, dass wir hier wieder den Marktführer vorliegen haben und der Markt reif und verteilt ist. Der Aktienkurs der Münchner Rück ist bei den schweren Naturkatastrophen im letzten Herbst ziemlich angesprungen in der Hoffnung, bei den jährlichen Vertragserneuerungsrunden höhere Versicherungsprämien durchsetzen zu können, weil den Kunden das Schadensrisiko bewusster wird.

Insgesamt liegt aus unserer Sicht ein Geschäftsmodell mit stabiler Nachfrage sowie Möglichkeiten der Gewinnsteigerung durch Kostensenkungen und perspektivisch mögliche Prämiensteigerungen vor.

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Die Aktie:

Wir haben die Münchner Rück ebenfalls bereits seit der Depoteröffnung im Oktober 2014 im Depot. Maßgeblich war damals, zunächst verschiedene stabile Standardaktien in das Portfolio aufzunehmen, um

a) eine frühe Diversifikation zu erreichen,

b) substantielle Dividendenzahlungen zu erzielen sowie

c) die Eigenkapitalunterlegung durch gute Wertpapierkreditratings nicht unnötig in die Höhe zu treiben.

Auch bei der Aktie der Münchner Rück konnten wir aufgrund des Zeitpunkt zu einem günstigen Preis einsteigen und uns ein bei der Münchner Rück traditionell attraktives Auszahlungsprofil einkaufen.

Aufgrund des Kaufzeitpunkts im frühen Stadium des Portfolioaufbaus nimmt die Münchner Rück nur einen Anteil von knapp 0,8% ein. Nachkäufe haben sich aufgrund der über lange Zeit anhaltenden und für die Gewinnentwicklung wichtigen Renditekompression/Bewertungsexpansion in praktisch allen wichtigen Anlagemärkten nicht aufgedrängt – Verkäufe aus oben genannten Gründen allerdings auch nicht. Aufgrund der absehbaren Zinswende lässt sich diese Einschätzung eigentlich nicht mehr ohne Weiteres aufrecht erhalten, sodass sich hier grundsätzlich eine Kaufgelegenheit bietet.  Daneben bekommt man hier regelmäßig seine 4-6% Dividende, je nachdem, wo der Kurs gerade steht, also eigentlich genau das, wonach viele Investoren heutzutage suchen.

Zwischenzeitlich sind bei uns 16% Buchgewinn aufgelaufen. Unsere Dividendenrendite bezogen auf die Anschaffungskosten liegt mittlerweile bei erfreulichen 5,4%, während der Neueinstieg derzeit zu 4,6% bei einem moderaten KGV2018 von 11 zu haben ist.

Bezogen auf den 11-Jahres-Zeitraum ab 2007 (= vor Finanzkrise) hat sich der Umsatz (ausgedrückt durch die gebuchten Bruttobeiträge) der Münchner Rück um 2,8% p.a. erhöht, während der Gewinn pro Aktie bis 2016 um 1,0% p.a. zurückgegangen ist und die Dividende um 4,6% p.a. gestiegen ist. Eine Dividendensteigerung oberhalb der Gewinnsteigerung ist nicht nachhaltig, deshalb kann die jährliche Ausschüttungssteigerung nicht auf die Zukunft fortgeschrieben werden. Bei dem Vergleich ist jedoch ein ungünstiger Berechnungseffekt gegeben: im Jahr 2017 ist der Gewinn aufgrund von mit knapp 4 Mrd. Euro ungewöhnlichen hohen Schäden aus Naturkatastrophen stark nach unten verzerrt. Aber auch bis 2016 gerechnet ist die Auswirkung der Niedrigzinsphase und der Wettbewerbsdruck auf die Prämien deutlich sichtbar.

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass das Geschäft über die ganzen letzten Jahre eher seitwärts lief, die Aktionäre aber dennoch recht zufrieden sein dürften.  Trotz einer außergewöhnlichen Belastung durch Naturkatastrophen in 2017 schlägt der Vorstand der Munich Re der Hauptversammlung eine unveränderte Dividende von 8,60 € je Aktie vor. Die Auszahlungsquote beträgt nach anständigen Dividendenanhebungen in den letzten Jahren noch moderate 53% (bezogen auf 2016 wegen der beschriebenen Verzerrung für 2017). Daneben hat das Unternehmen angekündigt, wieder ein Aktienrückkaufprogramm aufzulegen, in dessen Rahmen eigene Aktien im Wert von bis zu 1 Mrd. € bis zur Hauptversammlung 2019 zurückgekauft werden sollen. Das derzeit laufende Rückkaufprogramm in identischer Höhe wird planmäßig zur Hauptversammlung 2018 abgeschlossen.

Die Ausschüttung des halben Jahresgewinns hat zwei Seiten. Zum einen ist es positiv, dass die Aktionäre ansprechend beteiligt werden und dem Anleger Einnahmen für neue Anlageentscheidungen zur Verfügung gestellt werden. Zum anderen deuten hohe Ausschüttungen darauf hin, dass man mit dem Geld nichts Besseres mehr anzufangen weiß und selbst anorganisches Wachstum zu teuer wäre.

Die Müncher Rück erwartet, dass sich das Marktumfeld in den weiteren Erneuerungsrunden 2018 weiter erholt, wobei die jeweils in den einzelnen Teilmärkten gemachte Schadenerfahrung eine große Rolle spielt. Munich Re strebt für 2018 eine Ergebnissteigerung in Höhe von 4,5% gegenüber dem für 2017 geplanten (und wegen der Naturkatastrophen nicht erreichten) Ergebnis. Bis 2020 sind darüber hinaus Ergebnissteigerungen von knapp über 10% p.a. geplant.

Fazit:

Mit der Aktie der Münchner Rück befindet sich ein solides Schwergewicht im Atypisch-Still-Portfolio und an der Position sind keinerlei Änderungen vorzunehmen.Darüber hinaus hellt sich hier der Horizont desto mehr auf, je näher die Zinswende auch in Europa rückt.

Weiterführende Quellen:

Jahresbericht 2016

Jahresbericht 2017

Dividendenpolitik & Dividendenhistorie

 

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Hinweis nach § 85 WpHG:
Die hier vorgestellten und besprochenen Wertpapiere befinden sich in unserem privaten Depot. Die Inhalte dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen kein Angebot, keine Empfehlung und keine Aufforderung zum Kauf der angesprochenen Anlageprodukte dar. Wir leisten keine Anlageberatung. Dies gilt für sämtliche Kommunikationswege (z.B. per Telefon, Newsletter, E-Mail und Post oder in den Kommentaren). Wir haben darüber hinaus 72h vor und nach der Veröffentlichung des Artikels keine Transaktionen in dem besprochenen Wertpapier getätigt.

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